Prolog | 1. Kapitel

#1 von Cysgodol , 28.10.2013 22:21

Mein Leben

Ich heiße Alexandra.
Ich bin eine Wassernypmhe in einem verlassenen und verwilderten Wald. An einen großen, tiefblau schimmerndem See lebte mein Stamm in vielen kleinen Hütten mit Strohdach. Ich lebte mit meiner Mum, meinem Bruder und meinem Haustier in einer Hütte am Rand des kleinen Dorfes. Meine Mum sagte immer, es sei ein unangemessenes Haustier. Eigentlich waren es zwei, ein Pegasus mit blauen Augen und silbernem Horn, und ein kleiner Drache. Seine schuppige Haut war rötlich mit einem zarten Muster von orange. Seine grünen Augen leuchteten in der Dunkelheit wie Sterne... Oder Scheinwerfer. Doch eines morgens, ich war schon 13 Jahre alt, verschwand das Pegasus spurlos. Ich habe mir nächtelang meine Augen ausgeheult bis mein Bruder mir Tiran, seinen Drachen schenkte. Ich vermisste das Pegasus noch schmerzlich, ich hatte ihm den Namen Heridon gegeben, was so viel bedeutet wie Prachthengst und Herrscher. Heridon war wirklich prachtvoll gewesen. Sein weißes Fell hatte makellos in der Sonne geleuchtet. Abends hatte ich ihn immer auf der Weide beobachtet, mich versinken lassen in die Anmut von ihm, wie er sich so grazil und doch voller Kraft bewegte. Wie er seine lange, silberne Mähne in den Nacken warf und der Wind seinen Schweif kräuselte. Seine federnen Schwingen waren riesig und er konnte genauso gut fliegen wie stolzieren. Aber er war nicht arrogant, er war edel, tapfer, treu... Immer wenn ich ihm vor einem Ausflug in die unergründlichen blauen Augen sah spiegelte sich darin Gutmütigkeit und Ruhe. Tiran war ganz anders. Er war wild, spontan und immer für Streiche zu haben. Seine grünen Augen blitzten immer aufgeregt und schelmisch. Aber es war irgendwie gar nicht mal so unangenehm, mal etwas anderes zu fliegen.
Meine Mum erzog uns allein. Mich und meinen nervtötenden großen Bruder. Alle Seenymphen haben bläuliche Haut. (Meeresnymphen haben grünliche) Mein Bruder hat dunkelblaue Haut, aus der die wachen, hellgrünen Augen aufblitzten. Seine Haare waren kurz, aber noch lang genug, um sie hinter dem Kopf zu einem kleinen Pferdeschwanz zu binden. Wenn er es nicht tat vielen ihm fiese, meerblaue Strähnchen ins Gesicht. Meine Mum hatte eher blau-grünliche Haut und braune Augen, die sanfte Wärme ausstrahlten. Ihre sehr hellblauen Haare fielen ihr in hübschen Locken bis auf die Schultern. Sie waren immer offen. Tja, und jetzt geht es an mich. Ich habe himmelblaue Haut, die perfekt mit meinen meeresblauen Haaren harmoniert. Sie gehen mir bis unter die Schulterblätter. Einen Pferdeschwanz habe ich aber selten. Und meine Augen... Sie sind mittelblau mit wunderschönen apfelgrünen Tupfen drin. So sehe ich wohl aus (behauptet jedenfalls Mum)
Warum Dad nicht mehr ist, erkläre ich euch jetzt. Es ist eine tragische Geschichte. Eines Tages wollten die Männer aus unserem Dorf auf Jagd gehen. Ich war noch nicht geboren und mein Bruder war erst ein paar Monate alt. Mum musste also zuhause auf das Baby aufpassen, während Dad zur Volkssammlung aufbrach. Er war noch jung und naiv, so erzählte es mir meine Mum. Er schloss mit seinen engsten Freunden Lio und Samy eine Wette ab. Er würde die Gruppe anführen und es schaffen, dass sie einen Lotan erlegten. Ein Lotan ist die gefährlichste Drachenart, die hier überhaupt lebt. Dick gepanzert von Kopf bis Fuß, mit Stacheln bestückt und mit riesigen Fangzähnen im Maul. Abgesehen vom Gewicht und Größe, ist der mit Giftstacheln besetzte Schwanz das Gefährlichste an einem Lotan. Obwohl er Flügel besaß konnte das Monster nicht fliegen. Wozu auch? Und so ging die Gruppe in den verwilderten Wald hinein. Nach vielen Stunden und Tagen entdeckten sie einen Lotan auf einer steinigen Lichtung. Erst schossen sie Pfeile, die nur abprallten und das Monstrum auf sie aufmerksam machte. Dann griffen sie an. Mein Dad ganz vorne als Anführer. Ein paar Augenblicke hielten alle stand, doch dann zermalmte der Lotan ein paar Männer. Mein Dad rächte sie indem er versuchte, die Schulter des Lotans aufzuschlitzen. Die Schultern lagen hoch beim Rücken und waren schlecht gepanzert. Mein Dad schaffte es hinauf und bescherte dem Lotan eine klaffende Wunde. Der Drache brüllte und erschlug in seiner Zerstörungswut auch noch ein paar Männer. Dad sprang gerade vom Rücken des Untiers, als ihn ein Giftstachel in der Brust traf. Das Gift wirkte sofort. Lio und Samy versuchten ihn zu retten, kamen dabei aber auch um. Nur drei Männer kamen schwer verwundet zurück ins Dorf.

Wie gesagt sind wir Wasserwesen. Dieser Wald gehört nur Wasserwesen. Aber es gibt noch andere:
Grausame Feuervölker aus den Wüsten,
Intelligente Luftwesen in den Bergen und freundliche Erdvölker aus der Schlucht im Dschungel. Wir hatten eigentlich nichts miteinander zu tun. Nur manchmal verirrte sich ein anderes Wesen zu uns in den Wald oder ein Wassermensch in ein anderes Reich. Aber es gab Legenden von einem Schloss, dass genau dort lag, wo alle Reiche aneinander grenzten. In der Mitte der Welt die ich kannte. Dort sollen die Auserwählten Wächter des Elements trainiert werden. Aus jedem Stamm (Feuer, Wasser, Luft, Erde) wurde einer vom Schicksal erwählt und in das Schloss gebracht um trainiert zu werden, sein Element zu bewachen und sein Volk zu beschützen. Aber es war nur eine leise gemunkelte Legende und ich dachte sehr wenig daran.


 
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2. Kapitel

#2 von Cysgodol , 28.10.2013 22:23

Ein Tag des Wassers

Ich stand an dem kleinen See unseres Dorfes und blickte verträumt auf die Wasseroberfläche. "Hey, wie wär's mit einem Ausflug?", rief Tiran und kam angerannt. Ich schüttelte den Kopf. "Ich habe meinem Bruder versprochen dass ich noch mit ihm ausreite.", erklärte ich. Tiran seufzte. "Na gut, aber komm' nachher ja nicht angerannt und verlange von mir dass ich Qujan auffresse..."
Ja, ich hatte Tiran schon oft darum gebeten, meinen Bruder aufzufressen. Entweder aus Spaß oder aus Zorn. Zum Glück hatte sich der Drache immer geweigert. "Warum habt ihr Nymphen eigentlich keine Nachnahmen?"
"Keine Ahnung."
Ich richtete mich auf und lief zu unserer Hütte. Tiran sprang mir wild hinterher. "Was soll ich dann tun?"
Ich verdrehte die Augen. "Ausgerechnet DU weißt nicht was du tun sollst? Dir fällt doch sicher irgendein Streich ein, oder?", erwiderte ich und öffnete die Gartentür vor unserer Hütte. Tiran überlegte kurz, grinste dann und verschwand. Ich lächelte zufrieden und schritt durch die Tür. Innen saß meine Mutter auf dem Sofa und strickte Algensocken. "Wo ist Qujan?", fragte ich und schnappte mir eine Möhre vom Esstisch. "Er ist in seinem Zimmer und liest...", antwortete Mum ohne aufzublicken. Lesen? Mein Bruder? Danach musste ich ihn wirklich fragen. Ich lief den schmalen Flur entlang und klopfte laut an Qujans Tür. "Ist offen!", erklang es knapp. Ich drückte die Klinke runter und schaute mich um. Überall lagen verstreut Klamotten auf dem Boden. Qujan lag faul auf dem Bett und blätterte in einem alten Buch. Ich zog eine Augenbraue hoch und fragte erstaunt: "Seit wann liest du so alte Schinken?" Qujan sah auf. "Tja, wie soll ich das erklären? Du kennst doch die Legende der Elementwächter? Ich glaube, ich bin der nächste Wasserwächter." Ich sah ihn misstrauisch an. "Du und ein Wächter? Wie kommst du denn darauf?", fragte ich spöttisch. Qujan verzog das Gesicht und antwortete überheblich: "Ich habe zufällig von 'Vorzeichen eines Wächters' gelesen und als ich am See stand kräuselte sich plötzlich das Wasser." Ich machte "Pff" und erklärte stur: "Das war der Wind, du Held!" Qujans Blick wurde zornig. "Aber hier steht noch mehr drin, was wirklich mit mir ist!", erwiderte er zischend. Ich verdrehte die Augen. "Was denn? Hast du Phantomschmerzen? Halluzinationen?" Qujan machte sich doch etwas vor. "Warum bist du eigentlich hier?", fragte Qujan plötzlich mit einer wieder sanften Stimme und legte das Buch weg. Ich musste kurz nachdenken um zu antworten: "Du hast versprochen, mit mir auszureiten!" "Ach ja...", Qujan stöhnte beim Aufstehen und grinste dann. "Na, komm!", rief er und zerrte mich zum Stall.
Es gab einen großen Stall im Dorf, in dem jeder seine Pferde unterstellen durfte. Auch unsere Familie hatte dort zwei Pferde. Zum einen Mythos, Qujans treuen wilden Hengst, zum anderen Lowa, eine gutmütige Stute. Ich gab Lowa die Möhre von vorhin. Sie schnaubte und nahm sie vorsichtig mit den weichen Lippen. Lowa und Mythos waren Zwillingspferde. Deshalb hatten wir sie zu zweit gekauft. Sie hatten pechschwarzes Fell und dunkelblaue Mähne. Lowas Mähne war etwas heller und die von Mythos etwas strähniger. Wir sattelten die Pferde mit einem Sattel aus getrockneten und geflochtenen Seepflanzen und banden sie mit frischem Seetang fest. Als Zaumzeug diente ein weiches Seil. Wir stiegen auf und ritten in den Wald. Ich hatte meinen Bogen umgelegt und einen Köcher festgegurtet. Mein Bruder trug ein Schwert und einen Dolch bei sich. Wir konnten es nicht lassen und jagten ein paar Hirsche, Wildschweine und Fohons (kleine, sich vegetarisch ernährende Drachen) Erschöpft aber zufrieden lächelnd machten wir uns auf den Heimweg. Wir redeten gelassen und entspannt, witzelten rum und ritten durch den vielfarbigen Wald. Manchmal schwirrte eine einzelne Blumenelfe durch das Blätterdach.
Qujan erstarrte. "Hast du das auch gehört?", fragte er und sah sich eilig um. Ich war sofort verunsichert. In diesem Wald lebten die verabscheuungswürdigsten Wesen. "W-Was?", meine Stimme zitterte. "Da war etwas... Ein Stöhnen-oder ein Rascheln!", er ließ seinen Blick nochmal misstrauisch über jedes Blatt schweifen. Dann kniff er seine Augen zusammen. "War wohl doch nichts...", meinte er dann und trieb Mythos weiter. Auch ich trieb Lowa weiter. Sie schnaubte ängstlich, bevor sie in einen ungleichmäßigen Schritt verfiel. Ich schaute mich auch noch um und widmete mich dann dem kleinen Weg der von dornigen Büschen umrahmt wurde. Schweigend ritten wir durch den finsteren Wald. Plötzlich stöhnte es und ein Busch raschelte. Ich fiel fast vom Pferd als Lowa laut wieherte und sich vor Schreck aufbäumte. Ich klammerte mich in ihre blaue Mähne und versuchte, sie zu beruhigen. Lowa ließ sich wieder auf ihre Vorderhufe fallen und schnaubte noch unruhig. Qujan war abgestiegen und hatte sein metallisch glänzendes Schwert gezogen. Sein schwerer, dunkler Mantel flatterte. Ich hatte immer nur eine aus Algen geflochtene, bauchfreie Bluse mit Spagettiträgern an. Von meiner Taille bis zu den Knien flatterte dichter Seetang in einer Brise. Voller Angst sah ich zu wie sich Qujan dem Busch näherte, das Schwert schützend erhoben. Ich drehte den Kopf zur Seite, damit ich nicht sehen musste, was sich in dem Busch verbarg, als mein Bruder mit der Spitze seines Schwertes ein paar Äste hob. Ich hörte einen überraschten Aufschrei von Qujan. "Was ist da?", fragte ich anstatt mich umzudrehen.
"Ein Mann. Ein blutender Mann... Aber er sieht weder nach Wasser oder Feuer aus noch nach Luft oder Erde. Vollkommen menschlich - neutral!", die letzten Worte rief er aufgeregt. "Ich schloss die Augen und dachte nach. Dann öffnete ich sie und meine Augen blitzten. "Echt? Das klingt wie ein..."
"...wie ein Mentor.", beendete Qujan meinen Satz. Mentoren waren die unabhängigen Menschen, die über die Elementwächter wachten und sie trainierten. Vorsichtig sah ich zum Busch. Dort lag wirklich ein Mann. Er blutete an der Schläfe und am Arm. Qujan ließ sein Schwert sinken und zog den ohnmächtigem Mann an seine Schulter, um ihn zum Pferd zu schleifen. Er schwang den Mann vor den Sattel und stieg hinterher. "Wir müssen schnell nach Hause, er hat viel Blut verloren!", rief er und spornte Mythos an. Ich trieb Lowa hinterher und im Galopp erreichten wir unser Dorf. Als die Nymphen das verletzte Wesen sahen eilten sie herbei und halfen uns, den Mensch von Mythos zu ziehen und auf einer Bare in die Häuser der Heilung zu bringen. Dann ließen sie mich, Qujan und den Mann allein.

Jemand stöhnte. Ich fuhr aus meinem Dösen hoch und schaute erschrocken auf den Mann. Seine Lider flatterten und öffneten sich schwer. Er sah uns an und tastete mit dem unverletzten Arm nach seiner Kopfwunde. Als er sie berührte verzog er das Gesicht. Dann sah er mich genauer an. Aber Qujan trat vor. "Hier bin ich!", sagte er mit fester Stimme. "Ihr seid gekommen um mich abzuholen, richtig?" Aber der Mann stöhnte noch einmal, schob meinen Bruder schwach zur Seite und zeigte mit zitterndem Finger auf mich. "Sie!", krächzte er. "Alexandra, die soll ich holen!"


 
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3. Kapitel

#3 von Cysgodol , 28.10.2013 22:24

Eine Kreuzung, eine Wahl

Wie bitte? Mich sollte er abholen? Ich hatte noch nie etwas bemerkt wie "in meiner Anwesenheit kräuselt sich das Wasser". Qujan erstarrte und sah mich finster an. Ich warf ihm einen verzweifelten und entschuldigenden Blick zu. Ich hatte es ihm doch nicht absichtlich weggenommen! Außerdem -wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ICH es bin? Vollkommen unauffällig und untalentiert. Naja, vielleicht war DAS ja mein Talent... Der Mann stöhnte noch einmal und schloss dann die Augen. "Ist er ... tot?", fragte ich und schluckte. Qujan beugte sich über den Mann, hielt ihm einen Finger vor Mund und Nase und maß den Puls. Dann schüttelte er den Kopf. Ich dachte schon, dass das meine Antwort war bis Qujan mit belegter Stimme sagte: "Kein Puls, keine Atmung... Ich fürchte, die Wunde an der Schläfe ist tiefer als wir dachten..." Kurz dachte ich, ich würde in Ohnmacht fallen. Aber dann schoss eine sich aufdrängende Frage in meinen Kopf:
"Aber von wem hat er diese Wunde?"
"Sicher nicht von einem Drachen, sonst hätten wir nur seine Knochen gefunden... Aber die ganzen Wasserkobolde im Wald würden ihre Beute auch nicht einfach liegen lassen!"
Wir grübelten. Außer den Drachen und Kobolden gab es hier keine fleischfressenden Wesen... Plötzlich brach Qujan das Schweigen: "Wir müssen dich zum Schloss bringen!" Ich erstarrte. Er hatte Recht, ich musste zum Schloss und meinen Platz als Wasserwächter einnehmen. Schon standen wir auf und riefen eine Stammesversammlung ein. Unser Häuptling, der Älteste Burunaji, meinte, dass ich von Qujan begleitet werden sollte, weil er den Weg aus dem Buch kannte. Außerdem sagte er, dass die beste Jägerin mitkommen sollte. Eine schlanke, königsblaue Gestalt mit grau-blauen Haaren und lichtgrünen Augen. Sie trug einen Bogen wie ich, ein Messer und einen Degen mit sich. Sie hieß Fenjha. Schmunzelnd sah ich, wie Qujan neben mir nur noch Augen für Fenjha hatte. Noch am Abend verabschiedete sich unser ganzes Dorf von uns. Ich winkte und lächelte. Tiran durfte übrigens auch mit. Fenjha hatte noch einen kleinen grünen Fuchs mit zwei Schwänzen angeschleppt, der jetzt kläffend hinter Tiran herumsprang. Der verdrehte erst die Augen, spielte und tollte dann aber mit ihm herum. "Wie heißt der Fuchs?", fragte ich Fenjha, die seit dem Abschied nicht mehr gesprochen hatte. Sie schaute mich mit funkelnden Augen an, als sei ich Konkurrenz oder ein feindliches Wesen. "Hej, hast du eine Stimme?", fragte ich, zugegeben fies. Aber unter diesem verabscheuenden Blick konnte ich nicht anders. Fenjha hob hochnäsig den Kopf und meinte: "Serran, der Fuchs heißt Serran." Dann schaute sie mir wieder mit blitzenden Augen ins Gesicht und ergänzte: "Außerdem ist er kein 'Fuchs' sondern ein Urea." Das fing ja schonmal toll an. Eine arrogante Zicke und einen Bruder der voll in sie verschossen war als Begleiter. Toll!
"Hier bleiben wir für die Nacht.", meinte Qujan und zeigte auf eine klitzekleine Lichtung. Er ließ sich an einem Baum sinken uns schlief nach unserem langen Marsch sofort ein. Fennie (ihr Spitzname) sah sich missmutig um und setzte sich dann auch. Bald hörte ich von ihr gleichmäßigen Atem. Tiran und Serran waren im Gebüsch verschwunden. Nun setzte ich mich und lehnte mich an die borkige Rinde einer Eiche. Bald schlossen sich meine müden Lider und das Nichts des Schlafes fing mich ein.

Ich sah einen Lotan. Ich sah eine ungepanzerte Stelle an seiner Brust und traf eine Entscheidung. Ich zog einen Dolch und rammte ihn in die Stelle. Der Lotan schrie und verwandelte sich in meinen Bruder. Er sank auf die Knie und riss sich mit beiden Händen meinen Dolch aus seiner Brust. Sofort sog sich sein tiefblaues Hemd mit dunklem Blut voll. Als er sprach lief ihm ein dünnes Rinnsal Blut aus dem Mund. "Warum?", hauchte her. Ich erschrak und wollte ihm helfen aber plötzlich drehte sich alles und Dunkelheit fing mich wieder ein.
Dann blinzelte ich ins Morgenlicht. Qujan lächelte mir ins Gesicht. Er saß neben mir im Schneidersitz auf dem Waldboden. Schweißnass setzte ich mich auf. Qujan neigte seinen Kopf zur Seite und setzte einen fragenden Blick auf. "Hast du schlecht geträumt?", fragte er verwundert. "Du hast nicht oft Albträume..." Ich sah ihn fest an und antwortete: "Ja, ich hatte einen Albtraum. Na und?" "Kam jemand darin vor den du kennst?" Hä? Woher wusste er das jetzt schon wieder? Erschrocken blickte ich ihn an. Aber als er lächelte wusste ich, dass er meinen Traum nicht kennen konnte. Ich setzte einen scharfen Blick auf und meinte: "Warum soll dich das interessieren?" Mein Bruder sah in den Himmel und rieb sich verlegen den Arm. "Tja, weißt du... Manchmal wenn wir Träume haben zeigen sie uns die Zukunft... Aber nur selten." Ich riss noch erschrockener als zuvor die Augen auf. Wenn mein Traum die Zukunft gezeigt hatte, dann... Ich schüttelte den Kopf und fragte: "Wie oft kommt sowas vor? Ich meine... Muss es so geschehen?" Mit leichtem Verblüffen hob Qujan eine Augenbraue. Er holte gerade Luft als Fenjha über ihm auftauchte und sagte: "Nein, falls es wirklich eine Vision war, zeigt sie nur eine von vielen Möglichkeiten der Zukunft." Sie klang zum Schreien arrogant und wirkte schrecklich besserwisserisch. "Ich hab dich nicht gefragt, Zicke!", fauchte ich. Fenjha zog resigniert eine Augenbraue hoch und verschwand in den Büschen. "Das war aber nicht gerade nett...", meinte Qujan, pflückte eine Heidelbeere von einem Busch und ließ sie sich in den Mund fallen. "Aber sie ist doch bloß ne Tussi-... Zicke!", rief ich ärgerlich und fügte bei Qujans Blick hinzu: "Was man durch einen rosa Schleier natürlich nicht sieht..." Empört richtete sich Qujan auf. "Heeee! Was lässt dich darauf schließen dass ich in sie...", er unterbrach sich, als Fenjha wieder auftauchte und er ihr verträumt nachstarrte. Ich lächelte triumphierend. Dann drehte er sich wieder mir zu und wettete: "Wetten, dass ich es schaffe, an sie heranzukommen vor dem Ende unserer Reise?" Er hob seine Hand und ich klatschte ein. "Aber sei vorsichtig mit Wetten, denke an Dad...", warnte ich ihn noch ernst, aber er winkte ab. "Ich weiß, wo meine Grenzen liegen und ein Mädchen ist noch lang nicht gefährlich.", sagte er selbstsicher. Nach einer Viertelstunde beschlossen wir, unseren Weg fortzusetzen. Bald kamen wir an eine Kreuzung. Dort stand ein Schild:
Links - Torkwald
Rechts - Binsenwald

Der Torkwald war berühmt für seine Drachen, aber im Binsenwald gab es Kobolde, Hexen und böse Feen. Wo sollten wir also lang? Ich sah mich fragend nach Qujan um der gerade das Schild studierte. Fenjha schien das gar nicht zu interessieren. "Du musst doch wissen wo entlang es geht!", fragte ich Qujan und packte ihn am Arm. Er wandte seinen Kopf zu mir. "Tut mir Leid, so genau ist es nicht beschrieben... Aber, hey, folge deinem Herzen!"
Ich sah ihn verständnislos an. Was laberte er da gerade? Okeeeey...
Ich sah nochmal in beide Richtungen und trat in den düsteren Binsenwald, wo nur Zwielicht herrschte, denn das dichte Blätterdach ließ keinen reinen Sonnenstrahl durch. Wie zur Warnung durchdrang ein irres Heulen die Stille.


 
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4. Kapitel

#4 von Cysgodol , 28.10.2013 22:26

Kobolde

Wir liefen schweigend hintereinander her, bis auf ein paar Kommentare von Fenjha. "Bäh, hier stinkt's!", "Schaut euch den Dreck an! Sind wir Schweine oder was?" und "Was glotzt du so dumm?!". Das letzte war Qujan gewidmet. Du kannst dir denken, warum. Und so ging es weiter... Stunde um Stunde. Am Schluss hielt ich es nicht mehr aus, pflückte Watte von einer Puderblume und stopfte sie mir in die Ohren. Qujan schien es nichts auszumachen. Er starrte sie nach wie vor an wie ein Volltrottel. Als es dämmerte (oder es jedenfalls danach aussah...) suchten wir uns einen Schlafplatz. Mein Bruder und ich hatten uns gerade mit erleichterten Seufzern an zwei Bäume sinken lassen als Fenjha plötzlich aufsprang, an einer Stelle in die Hocke ging und den Zeigefinger auf den Boden legte. Sie fuhr eine Art Kuhle entlang. Als sie sich umdrehte blitzen ihre fast schon gelblichen Augen. "Kobolde!", zischte sie und sah sich suchend um. Dann lief sie auf einen Dornbusch zu und pflückte einen kleinen Büschel Haare heraus. Erst sah sie es an, dann schnüffelte sie unnahbar daran. Angeekelt ließ sie es fallen. "Sumpfkobolde, vor nicht allzu langer Zeit hier vorbeigekommen. Ich wette, sie wohnen hier in der Nähe. Seid ihr sicher, dass ihr hier übernachten wollt?"
Plötzlich war sie ganz und gar nicht mehr die Zicke, wie ich sie kannte. Ich sah zu Qujan und stellte fest, dass er wieder rötlich leuchtende Herzaugen hatte... So stellte ich es mir zumindest vor. "Also was ist?", fragte Fenjha ungeduldig und zog leicht eine Augenbraue hoch. Ich sah wieder zu ihr und meinte: "Entscheide du, du weißt es am besten." Fenjha runzelte die Stirn. Eine lange Weile geschah nichts, dann ließ sich auch Fenjha an einem Baum nieder und beschloss somit, hier zu übernachten.

Ein Geräusch weckte mich. Über mir im Baum hatte es geraschelt! Das fahle Mondlicht schien durch das Blätterdach, aber dunkle Schatten trübten meine Sicht. Nach Drachen und dem Erdvolk konnten wir am besten in der Dunkelheit sehen. Die Feuerstämme sahen schlechter als Menschen, dafür hatten sie im Laufe der Zeit gelernt wie man Feuerbälle herstellt, um Licht zu erzeugen. Voller Angst tastete ich nach meinem Bruder, der sich noch in eine Wolldecke eingemummelt hatte. Da war die Decke und... Wo war Qujan??? Hilflos zog ich an der Decke und schüttelte sie. Nichts!
Ich schaute mich zu Fenjha um und bemerkte erleichtert einen Schatten, dessen Brustkorb sich hob und senkte. Ich schüttelte ein paar vertrocknete Blätter ab, die von den Bäumen gefallen waren und rannte zu Fenjha. Neben ihr ließ ich mich auf die Knie fallen und rüttelte an ihrer Schulter.
"Was denn?", fragte sie schlaftrunken, blinzelte und richtete sich auf.
"Äh, hi! Qujan ist nicht mehr da....", fing ich an. Plötzlich schien Fenjha hellwach zu sein. Ihre Augen funkelten, blitzten und leuchteten wie tausende Lichter.
Sie lief zu Qujan's Liegeplatz und musterte ihn. Dann stockte ihr Blick und blieb an einer Stelle hängen. Bitte lass es keine Kobolde sein! Bitte lass es keine....
"Kobolde! Genauer gesagt DIE Sumpfkobolde... Sie müssen uns bemerkt haben! Besonders dein Bruder... Schnarcht er nachts?" Bei der letzten Frage schwang so etwas wie Belustigung mit und sie lächelte ein wenig. Ich musste grinsen: "Vielleicht mal so dann und wann..." Wir kicherten hinter vorgehaltenen Händen. Eigentlich war das ein unpassender Moment, aber... Irgendwie war Fennie doch nicht so schlimm. Besonders, wenn mein Bruder nicht da war. War sie etwa...?
Ich grinste noch verschmitzter, falls das überhaupt ging. Wenn Qujan mal auf Wasser- oder Essenssuche war musste ich sie unbedingt fragen! Aber jetzt war etwas anderes wichtiger: Wir mussten diese verflixten Kobolde finden und meinen Bruder befreien.
"Die Spur führt in die Büsche! Sollen wir?", fragte Fenjha und zeigte auf dorniges Gestrüpp. Hatte sie mich gerade gefragt "sollen wir?"?? Also wenn ich eine Comicfigur wäre, würde über mir eine Gedankenblase mit einem fett gedruckten Fragezeichen schweben.
Die "alte" Fenjha wäre einfach losgegangen, ohne sich umzuschauen oder gar jemanden zu fragen. Ich nickte einfach und folgte ihr durch das kratzige Gestrüpp.
Ich hatte mir sicher beide Hände überall aufgekratzt, als wir endlich in hohes Gras traten. Meine Kleidung sah sehr mitgenommen aus, aber schlimm war es nicht. Eigentlich war es überhaupt nicht schlimm bis auf die brennenden Kratzer an Händen, Füßen, Armen und Beinen, am Bauch und an den Schultern. Bis zum Gesicht sind sie zum Glück nicht gekommen. Fenjha hatte das gleiche wie ich an (nur andere Farben) und war an den gleichen Stellen aufgekratzt. Nur dass sie sich zum Spurenlesen runter beugen musste und so war auch ihr Gesicht von vielen Dornen gezeichnet. Aber sie lächelte. "Hindernis eins überstanden: Kratzige Dornen, Hindernis zwei noch zu überwinden, rasiermesserscharfe Grashalme. Ich muss schon sagen, dass ist echt 'ne gute, natürliche Abwehr von unerwünschtem Besuch!", meinte sie und fuhr sich über's Gesicht. "Stimmt. Aber ergeht es IHNEN dann nicht auch so?", fragte ich irritiert. Fenjha zupfte sich einen kleinen Zweig aus den Haaren. Dann antwortete sie: "Sumpfkobolde haben wie alle Kobolde ledrige Haut. Die Dornen und Gräser kommen da nicht durch. Aber fast unverwundbar und sicher wie Drachenpanzer ist es nicht..." Ich atmete erleichtert aus. Zum Notfall hatten wir den Kobolden wahrscheinlich mit Waffen drohen müssen. Wenn sie unverwundbar gewesen wären, hätte sie nicht mal meine Shin-Eisenpfeile gefürchtet. Shin-Eisen kam aus dem - ach, Wunder! - Shin-Berg. Es war noch härter als Stein. Das so ungefähr härteste, was es gab. Es wurde für Werkzeug, Waffen und Besteck genutzt. Unser scharfes Brotmesser bestand zum Beispiel daraus. Als kleines Kind hatte ich mich mal dran geschnitten. Fast drei Jahre lang hatte ich kein Brot mehr schneiden wollen.
"Geht das hier auch mit dem Spurenlesen?", fragte ich und sah zweifelnd auf das dichte Gras, das mir bis zur Hüfte reichte. "Ich denke, die Kobolde haben eine Schneise hinterlassen. Dann kann ich mir das "im Schlamm rumkriechen" sparen!"
Ich verstand und sah mich nach umgeknickten Grashalmen um. "Da vorne!", erkannte ich verdeckt hinter einem Strauch eine Schneise. Fenjha hatte alle Zweige und Dornen abgezupft und ging auf den Weg der Kobolde zu. "Also wenn ich das hier überlebe, dann... Sind diese Grashalme wirklich so scharf? Nachher sehen wir noch aus wie Streifengnus!", erkundigte ich mich und schüttelte den letzten Staub ab. Fenjha lächelte gequält: "Sag 'Tiger' dann klingt es nicht mehr so deprimierend!" Sie lief schnurstracks auf das Gras zu und stieg über die abgeknickten Grashalme. "Heißt das... Dass diese Grashalme WIRKLICH so scharf sind?" Ich fragte es sehr leise und bekam von Fenjha keine Antwort mehr. Um sie nicht zu verlieren, stolperte ich hinterher. Als die Grashalme meine Beine stachen und schnitten, sog ich scharf die Luft ein. Ich hörte meine Begleiterin, die schon etwas voraus gegangen war, leise fluchen. Ich sah, dass sie sich den ganzen rechten Unterschenkel aufgeschnitten hatte. Es war unsagbar schmerzhaft, den Kobolden durch das Rasiermesser-Gras zu folgen. Nach einer halben Ewigkeit sahen wir das Ende des Feldes. Eilig liefen wir hinaus. Fenjha lehnte sich an einen verkrüppelten, schwarzen Baum in einer kahlen, nebligen Landschaft und rang nach Luft. Irgendwie war es in diesem scharfen Gestrüpp sehr stickig gewesen. Ich ließ mich auf Knie und Hände fallen und spürte zwischen meinen Fingern das feuchte, kühle Gras. Ich senkte meine Stirn an die grünen Grasspitzen. Wie gut das tat! Als ich mich wieder aufrichtete, sah ich wie Fenjha einen Lederbeutel von ihrem Gürtel losmachte. "Lass uns Wasser holen!", schlug sie vor. Meine Kehle war schon ganz trocken und staubig und ich hatte brennenden Durst nach diesem langen, schweißerregenden Marsch. Fenjha lief los. Nach kurzer Zeit hörte ich ein Plätschern. Es steigerte sich zu einem monotonen Rauschen. Als wir dann ankamen, war es ohrenbetäubend. Wir standen an einem klaren Fluss, der sich an dieser Stelle an tausenden von kleinen und großen Steinen vorbei schlängelte. In der Mitte des Flusses prangte ein großer, flacher Fels. Fenjha balancierte auf ein paar größeren Steinen entlang bis sie den flachen Steinfels erreichte. Ich trippelte hinterher und setzte mich dann neben sie auf die kühle Steinoberfläche. Fenjha füllte den Beutel und schnallte ihn wieder an den Gürtel. Dann stützte sie sich mit ihren Händen an der Kante ab, beugte sich vor und trank das kühle Wasser. Ich tat es ihr nach und ließ das erfrischende Nass meinen Hals hinabrieseln. Als ich mich erhob, wischte ich mir mit dem Handrücken über den Mund und seufzte. Wir saßen noch ein paar Minuten erholt auf dem Stein. Neben uns floss das glitzernde Wasser vorbei und rauschte munter.
Am Ufer drängten sich die Bäume dicht an dicht, bildeten ein grünes Dach über uns und ließen keinen Sonnenstrahl durch. Es war angenehm kühl. Zwischen den dunklen Stämmen waberten Nebelschwaden und verfingen sich in den Dornbüschen. Lianen hingen wirr aus den Baumkronen. Alles lag friedlich und ruhig da. Wir vergaßen uns in dem erholsamen Anblick und träumten vor uns hin. Bis Fenjha aufstand und auf die andere Seite des Flusses balancierte. Neben mir hing eine Liane aus dem hohen Blätterdach und ich griff danach. Dann holte ich Schwung und stieß mich ab. Kurz bevor ich die Füße auf dem Boden hatte riss die morsche Liane und ich stolperte. Ich fing mich gerade noch so. Dann sah ich zu Fenjha und grinste. "Tadaa!", rief ich übermütig. Fenjha lachte und drehte sich um damit sie den tiefen Koboldspuren folgen konnte.

Plötzlich stoppte Fenjha. Wir standen in einem feuchten, nicht sehr dichten Wald. Von den großen Blättern tropfte es unablässig. Es war duster wie bei einem Regenschauer. Der Boden war sumpfig und schmatzte unter unseren nackten Füßen. Vor uns stand eine Reihe dichter Büsche, hinter denen sich ein Tal befand. Es ging steil bergab, ungefähr drei Meter. Dann war der Boden wieder gerade und glatt. Mehr konnte ich nicht erkennen. Als Fenjha vortrat und über die Buschkronen späte, trat ich neben sie und sah die bröckelige Erdwand hinab. Jetzt erkannte ich einige Zelte. Etwa neun Stöcke (die waren ziemlich lang!), die im Kreis in den Boden gesteckt worden waren trugen ein abgedichtetes Ledertuch. Darin wohnten also diese Sumpfkobolde. Manche Zelte waren ziemlich verschlissen und vermodert, sodass sie so aussahen als ob sie jeden Moment zusammenbrechen könnten. Andere dagegen sahen funkelnagelneu aus. Und dann sah ich sie, die Kobolde.


 
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5. Kapitel

#5 von Cysgodol , 28.10.2013 22:27

Befreiung von Qujan

Ich besah die Kobolde näher. Sie hatten braune, ledrige Haut mit vielen Falten. Unter einem Haarbüschel schauten spitze, krumme Ohren heraus. Die schwarzen Augen funkelten mordlüstern und an ihrem langen, dünnen Schwanz befand sich noch ein Büschel struppiger, grün-brauner Haare.
Ihre Nase sah aus wie die von Schweinen. Manchmal sah man spitze Reißzähne unter den trockenen, wulstigen Lippen hervorblicken. "Was machen wir jetzt", war die nächste, einfachste Frage. Fenjha überlegte. Dann schlug sie vor: "Wir versuchen uns so nah und so lang wie möglich anzuschleichen. Dann suchen wir das Zelt, in dem sie Qujan gefangen halten. Das wird wohl das mit den meisten Wachen sein. Falls wir es bis dahin schaffen, sollten wir Qujan befreien und dann schnellstmöglich wieder verschwinden." Das klang simpel. Rein, retten, raus. Ich nickte fest und zückte meinen messingfarbenen Dolch. Fenjha beließ es auf dem Messer. Der Bogen war nun unpraktisch, da es ja eine Distanzwaffe war. Nur der Degen würde noch hilfreicher sein als ihr Messer. Wir schlugen uns durch den Dornbusch und rutschten vorsichtig den Erdhang hinunter. In zwölf Metern Entfernung erkannte man das Kobolddorf zwischen alten, morschen Bäumen.
"Alexandra?"
"Hm?"
"Kannst du kämpfen?"
Was für eine Frage - natürlich!!
"Ja, klar!"
"Gut, diese Kobolde sind hohl aber sehr brutal. Wenn sie uns kriegen stecken wir zusammen mit Qujan im Kochtopf"
Ich zögerte.
"War das jetzt bildlich oder wörtlich gemeint?"
Fenjha rang sich ein Lächeln ab.
"Wörtlich..."
Ich schluckte. Würden sie uns wirklich kochen uns verspeisen? Auffressen? Verschlingen??
Fenjhas Lächeln erstarb wieder und sie sag sehr konzentriert und angespannt aus.
Nun, ja. Ich musste zugeben, mit echten Kobolden hatte ich noch nie gekämpft.
Wenn dann nur zum Spaß mit Qujan oder bei der Jagd.
Langsam und jedes alarmierende Geräusch vermeidend näherten wir uns dem Dorf. Mehrere Kobolde patrouillierten zwischen den Zelten auf und ab.
Nun trennte uns nur noch ein dicker, morscher Stamm von den Kobolden. Ich lugte hinter ihm hervor und erkannte eine weit aus hübscher bemaltes Zelt als alle anderen. Davor standen zwei große, massige Koboldsoldaten, die ein paar Zentimeter größer wirkten als ich oder Fenjha.
Meine Lippen formten lautlose Worte:
"Wie kommen wir an denen vorbei?"
Fenjha verstand es wohl und setzte einen grübelnden Gesichtsausdruck auf. Dann lächelte sie.
"Entweder wir schneiden ihnen die Kehle durch, womit wir dann wohl oder übel das ganze Dorf aufschrecken. Oder jemand lenkt sie ab...", flüsterte sie mir zu. Dann führte sie ihre Finger zum Mund und holte Luft um einen Pfiff auszustoßen. Doch als sie die Luft heraus sausen ließ, war nichts zu hören. Erst dachte ich, sie hatte sich "verpfiffen", aber plötzlich kam ein grüner Blitz auf uns zugehuscht. Es war Serran, der grüne Fuchs. - ich meinte "Urea". Er sah uns mit erwartungsvollen, goldenen Augen an. Dann ließ Fenjha sich neben ihm auf die Knie sinken und murmelte ihm etwas ins Ohr. Es war eine mir unbekannte Sprache. Serran zuckte mit der Schnauze und sprintete davon. Meine Gefährtin lächelte zufrieden.
"Er wird sie weglocken und ablenken", sagte Fenjha und grinste.
Na, hoffentlich ging alles gut... Ich wollte nicht unbedingt als Braten enden... Oder als was auch immer diese Kobolde uns dann fressen würden.
Wir standen gespannt hinter den Stamm und beobachteten neugierig das Geschehen. Serran schoss aus einem der Büsche heraus und sauste zu den Wachen. Dann sprang er kläffend um die massigen Beine. Erst schienen die Kobolde es nicht zu bemerken.
Dann schlugen sie schimpfend nach ihm. Als er nicht nachließ verfolgten sie Serran bis zum Waldrand.
Fenjha sah mich an und ich nickte entschlossen. Dann schlichen wir uns an den runden Zelteingang und schlüpften hindurch.
Innen roch es modrig und ein wenig nach Verwesung, was aber vom Kräuter- und Gewürzgeruch überdeckt wurde. Ich hustete leise. Überall hingen verschiedene Bündel mit Pflanzen zum würzen. Ich erkannte Lavendel, Schnittlauch, Thymian, Vanille und Chihins (kleine gelbe Beeren, die scharf-fruchtig schmecken). Es war düster in dem Zelt und ich erkannte nur schwer die schlaffe Gestalt an der Hinterwand des Zeltes. Fenjha lief auf ihn zu. Ich stand neben sie. Meine Augen gewöhnten sich schnell an das Zwielicht. Jetzt erkannte man mehr:
Qujan hing reglos da. Jeder Arm war mit einem Strick hochgebunden worden. Die Enden der Seile waren um zwei Pfosten gebunden.
"Was ist mit ihm??", flüsterte ich ängstlich.
"Er wurde betäubt. Mit Koboldgiftspucke vermute ich...", murmelte Fenjha.
"Iih!", kreischte ich unterdrückt. Fenjha hob ihr Messer und schnitt Qujan los. Dann öffnete sie einen Schrank, holte eine Schüssel mit einer Art Salbe heraus und tauchte ihre Hand hinein. Damit bestrich sie das Gesicht meines Bruders. Als sie fertig war, trat sie zurück und sah erwartungsvoll zu Qujan.
Erst passierte nichts. Dann stöhnte er und öffnete die Augen. Als er Fenjha sah, strich er sich verlegen eine vom Schmutz verklebte Haarsträhne aus dem Gesicht. "Hi... Wo- ?", setzte er an und stockte. Von draußen ertönten schwerfällige Schritte und verärgerte, grunzende Stimmen. "Oh, nein!", hauchte ich. Die Wachen waren wieder zurückgekehrt und versperrten nun unseren einzigen Fluchtweg.


 
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6. Kapitel

#6 von Cysgodol , 30.10.2013 21:24

Der Kampf

"Was tun wir jetzt?", fragte Qujan verzweifelt. "Wir müssen wohl oder übel kämpfen, oder hast du eine andere Idee?", fragte Fenjha, die wieder in ihr arrogantes Ich verfiel. Qujan nickte wichtigtuerisch und drückte sich zwischen uns vor zum Ausgang. "He!", empörte ich mich. "WIR haben deinen Arsch gerettet, jetzt drängel nicht!"
Fenjha schien meiner Meinung zu sein, verschränkte die Arme und kuckte Qujan kühl-gelassen-abwartend an und zog eine Augenbraue hoch. Das sah richtig cool aus! Qujan dachte kurz nach und lächelte. "Für dich tu ich alles, Prinzessin!" Fenjha schaute ihn verächtlich an und ich verdrehte die Augen. Ungerührt schob Fenjha sich zur Tür und hob vorsichtig die Decke.
Ich lugte durch einen Spalt. Fenjha schien sich eine Taktik oder Strategie auszudenken. Dann ging sie in die Hocke, blickte konzentriert und zielte mit der Messerspitze auf einen Punkt. Dann stach sie zweimal verflixt schnell und geschmeidig hinein. Zwei Röcheln ertönten und es breiteten sich zwei kleine, dunkelrote Flecken auf dem Zelttuch aus. Ich verkniff mir einen angeekelten Aufschrei und folgte Fenjha, die zielstrebig aus dem Zelt geklettert war. Ich sah noch wie die ermordeten Kobolde gerade zu Schlamm wurden.
Erst schien alles ruhig. Dann sprangen plötzlich mehrere Kobolde hinter Zeltwänden hervor und attackierten uns. Wir hoben die Waffen und wehrten alle Schläge der Kobolde mit ihren stumpfen Speeren und Schwertern ab. Das einzig gefährliche daran war, dass die Spitzen vergiftet waren. Nur ein Kratzer und du hättest nur noch ein paar Stunden zu leben.
Qujan blieb im Hintergrund.
Sie hatten ihm alle Waffen abgenommen und er musste zuschauen, wie ich und Fenjha uns mit letzter Kraft gegen die Kobolde verteidigten. Es war inzwischen morgen geworden und dämmerte zwischen den feuchten Blättern. Ich schaute hoch. Sumpfkobolde scheuten das Tageslicht! Wir mussten nur noch ein bisschen durchhalten! Fenjha bemerkte es auch und wir schöpften neue Kraft. Ein mittelgroßer Kobold sprang auf mich zu. Ich trat nach ihm und er flog in hohem Bogen hinweg. Zwei weitere drängten sich vor und die kleinen Schwerter prallten auf meinen Dolch. Ich parierte die Schläge, machte einen Ausfallschritt und wirbelte herum. Dann stieß ich vor und der eine Kobold heulte auf und wurde zu Schlamm. Der andere Kobold war hartnäckiger. Er versuchte immer wieder, meine Verteidigung zu durchbrechen und einen Treffer zu erzielen. Ich parierte wieder, wich aus, sprang zur Seite und stieß ihn mit dem Fuß davon. Der Kobold jaulte und verschwand. Es kamen immer mehr Kobolde, doch nun strahlte schon ein bisschen Sonne zu uns. Erleichtert ließ ich kurz den Dolch sinken... Und spürte einen stechenden Schmerz in der linken, unteren Seite. Ich brach zusammen und es sammelten sich schwarze Flecken vor meinen Augen. Ich sah nur noch, wie die Sonne nun ganz aufgestiegen war und die Kobolde in ihre Zelte flüchteten.

Ich blinzelte in schummriges Licht. Meine linke Hand lag in kühlem Gras. Meine rechte Hand lag auf der Seite mit dem pochenden Schmerz. Neben mir lag Fenjha, die gerade stöhnte und sich aufrichtete. Hinter ihrem Kopf lag eine Keule, denn sie blutete aus einer Wunde an der Stirn. Dann drehte sie sich zu mir um- und bekam große Augen. "Ich dachte-...du müsstest ... tot sein! Der Kobold hat dich mit seiner Speerspitze getroffen...", stotterte sie und versuchte, aufzustehen. Ihr rechtes Bein knickte wieder ein, und sie wäre gestürzt, wenn Qujan sie nicht festgehalten hätte. Dankbar ließ sich Fenjha in seine Arme sinken. Mein Bruder lächelte. "Sie war wohl nicht vergiftet. Aber eine tiefe Wunde ist es trotzdem, komm!", sagte er und trug Fenjha behutsam auf seinen Armen zu einem kleinen Feuer. Dort legte er sie auf einen weichen Laubhaufen. Ich bemühte mich, aufzustehen, aber von dem stechenden Schmerz wurde mir übel und ich sank zurück. Qujan stapfte herbei und zog mich hoch. Von ihm gestützt humpelte ich zum Lager. Fenjha hatte sich aufgesetzt und wartete auf uns. Qujan setzte mich auf einen Baum und verband meine Wunde. Dann wandte er sich Fenjha zu. Er schnitt einen Streifen Seetangverband ab und schlang ihn vorsichtig um Fenjhas Kopf. Sie kniff die Augen zusammen, gab aber keinen Mucks von sich.
An diesem Abend ging Qujan auf die Jagd und besorgte uns ein Kaninchen. Wir aßen es hungrig auf und legten uns dann schlafen.

Ich erwachte in einem Wald. Neben mir erkannte ich Fenjha und Qujan. Da raschelte es im Gebüsch. Eine Meute Zurgon-Wölfe sprang hervor und wir mussten fliehen. Doch Fenjha war zu langsam-sie stolperte-sie fiel! Qujan blieb stehen und half ihr auf doch da waren schon die Wölfe und verschlangen Fenjha! Qujan brüllte vor Wut, brachte die Wölfe um und wandte sich mir zu.
"Warum hast du mir nicht geholfen? Warum hast du sie sterben lassen?", schrie er wutentbrannt. Ich wusste nicht, was ich erwidern sollte. Plötzlich verwandelte sich Qujan in ein großes, schwarzes Monster mit bleichen, spitzen Zähnen. Er fletschte sie und schnappte nach meinem Kopf...

Schweißgebadet erwachte ich. Erst dachte ich, es war ein Fiebertraum vom vergifteten Koboldspeer, da fiel mir ein, dass er gar nicht vergiftet gewesen war. Ich blickte mich um. Tintenschwarze Nacht umhüllte uns. Das Feuer war zu einer leicht rötlich glühenden Glut geworden. Fasziniert starrte ich in die strahlenden Funken. Nach Wasser war für mich Feuer das faszinierendste Element auf Erden. Gelangweilt stocherte ich mit einem Stock in der Asche. Was Mum wohl gerade dachte? Wahrscheinlich an uns. Oder sie schlief gerade. Wenn ich am Elementschloss angekommen war, würde ich ihr eine Botschaft zukommen lassen.
Qujan murmelte etwas und drehte sich auf die andere Seite.
Aus Versehen legte er dabei einen Arm um Fenjha.
Ich lachte in mich hinein. Die beiden Turteltäubchen! Wie diese Reise für sie wohl ausgehen würde? Würde ICH je meine wahre Liebe finden? Ob ich mal mein Dorf besuchen durfte? Hm...
Ich musste wohl wieder eingeschlafen sein denn als ich das nächste mal die Augen aufschlug war es früher Vormittag. Qujan war wach und als er bemerkte, dass ich wach war, meinte er: "Wir müssen jetzt weiter. Wir sind weit vom Weg abgekommen." Ich nickte, was Qujan gar nicht sah. Er grillte gerade ein paar deftige Beeren zum Frühstück. Ich leckte mir über die trockenen Lippen. "Lecker!", schwärmte ich. Als ich mir ein paar Beeren von Qujans Stock zupfen wollte, zog er ihn weg. "A, a, a! Mach schön deine eigenen!", sagte er und zeigte auf einen kleinen Korb voller verschiedener Beeren. Ich schmollte kurz, suchte dann einen Stock und setzte mich dann neben Qujan, um meine Beeren zu grillen. Fenjha schlief noch.
"Weißt du noch wo's lang geht?", fragte ich nach kurzem Schweigen. Qujan nickte: "Aber ja doch! Es führt durch die Fazilwälder der Moorelfen, durch den Eisforst der Schneedrachen und..." Qujan schluckte. "Der Todeswald der Klagen, das Gebiet der..." "...Zurgon-Wölfe. Ich weiß..." Mein Blick wurde glasig und ich sah in die Flammen. Was hatte dieser Traum zu bedeuten? Nichts? So wie der erste? Na ja, wir hatten bis jetzt noch keinen Lotan getroffen... Was, wie ich hoffte, auch so blieb. Aber einem Lotan kannst du überall begegnen.
Qujan fing an zu summen. Ein altes Reiselied aus früheren Zeiten.

Der Wald, so tief, der See, so weit.
Einmal ist es für jeden Zeit
Zu reisen und zu reisen, immerzu,
Bis man find' die innere Ruh'.

Vier Völker, vier Weisen
Wie man kann reisen.
Jede hat 'nen anderen Streich,
Doch im Inneren sind wir gleich.

Und ist die Reise noch so lang,
So wird mir trotzdem niemals bang'.
Gefährlich' Wesen weit und breit,
Für uns ist es jetzt Zeit.

Wir reisen, wandern ohne Rast,
Über Flüsse, unterm Ast.
Alle andern bleiben im Haus,
Oh, welch ein langweil'ger Graus!

Wir sind so froh, dass wir reisen,
Später sind wir die Weisen!

Qujan verstummte und Fenjha setzte sich mit einem Stock voller Beeren neben uns. Sie gähnte und streckte sich. "Nettes Lied! Von wem habt ihr das?", fragte sie munter.
Qujan zögerte. "Von unserem Vater.", antwortete ich trocken.
Fenjha nickte grüblerisch. "War das nicht der, der bei dieser Jagd...", sie stockte und sah uns ein bisschen erschrocken an.
"Oh, das tut mir Leid...", murmelte sie und konzentrierte sich auf ihre Beeren. Ich sah zu Qujan. Er steckte sich gerade neue Beeren auf. Ich aß meine und wir redeten noch ein bisschen.


 
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7. Kapitel

#7 von Cysgodol , 30.10.2013 21:27

Nörvör ela siam = Elfenbrücken meiden


Spät mittags machten wir uns auf den Weg. Qujan führte uns nochmal quer durch das Rasiermesser-Gras und die Dornenhecke. Dann standen wir an dem Platz, an dem wir das zweite Mal übernachtet hatten. Wir liefen einen lehmigen Weg entlang. Tiran war es längst zu langweilig geworden. Er war schon am Anfang der zweiten Nacht davongeflogen. Und Serran hielt immer etwas Abstand.
Bald hatten wir den glitschigen, feuchten Wald hinter uns. Vor uns spannte sich eine steinerne Brücke über eine tiefe Schlucht. Aber sie war bewacht. Einige Moorelfen patrouillierten darauf. Qujan betrat zögernd die Brücke und sofort stand eine Moorelfe vor uns.
"Se malor citall e rovoj.", sagte sie. "Äh, was?", fragte Qujan. Ich drängte mich genervt vor. "Sie sagte: Um die Brücke zu überqueren müssen wir zahlen.", dolmetschte ich.
"Würden wir ja, aber wir haben nichts bei uns...", fing Qujan an und ich übersetzte es: "Wiz orarre tu cese maraque..."
Die Elfen, nymphengröße Gestalten mit hautfarbener Haut und dreckigen, braunen Haaren die ihnen ins Gesicht fielen, sammelten sich hinter der anderen. Die funkelte uns zornig an und schrie: "Owu se ramalova!"
"Oh, oh... Sie sollen uns durchsuchen!", übersetzte ich eher für mich selbst.
"Was?", kreischte Fenjha und trat einen Schritt zurück.
Reflexartig zog sie ihren Degen, den sie aber vorerst sinken ließ. Die Elfen zischten wütend und griffen in ihre Rocktaschen. Als sie es herauszogen, hielten sie schlammige, kantig geschnittene Hölzer in der Hand. Plötzlich klappten sie sich aus und es entstanden lange, spitze Speere.
Ich schluckte. "Vergiftet?" Fenjha lächelte grimmig. "Nein, keine Sorge!", antwortete sie und hob ihren Degen gegen den Speer der Moorelfen. Die zischten noch einmal und gingen dann auf uns los. Qujan, der seine Waffen aus einem Koboldzelt hatte, kämpfte sich nach vorne.
Mit Dolch- und Schwerthieben, Tritten und Ausfallschritten trieben wir die Moorelfen immer weiter zurück. Bald hatten wir die Mitte der Brücke erreicht. Es waren noch drei hartnäckige Elfen übrig geblieben, mit denen wir uns jetzt duellierten. Sie zischten und fauchten und wollten die Brücke nicht frei geben. Ich hörte einen Schreckensschrei. Qujan hing an der Brücke, sein Schwert platschte gerade in den 50 Meter weit unter uns liegenden Fluss. "Qujan!", rief Fenjha ängstlich. Sie zog gerade ihren Degen aus der Brust der Moorelfe. Dann rannte sie zu der Stelle, an der Qujan sich an die steinerne Brücke klammerte. Ich wollte Qujan helfen und bald passte meine Elfe nicht mehr auf und ich tauchte unter ihrer Deckung durch. Sie kreischte laut und zerfiel zu Nebeltröpfchen. Nur noch eine Moorelfe war übrig, und die näherte sich fauchend und zischen meinem Bruder. Ich stand 15 Meter entfernt und bewegte mich zu der Stelle. Fenjha war nur 10 Meter entfernt und rannte wutentbrannt auf die Elfe zu. Doch sie kam zu spät. Die Elfe erhob ihren Speer und stach auf Qujans Hände ein, Qujan schrie auf und ließ los. Dann verschwand er. Mit einem Wutschrei durchbohrte Fenjha die Elfe von hinten. Die Elfe blinzelte überrascht auf die silber-rote Spitze, die nun aus ihrer Brust ragte, dann zerfiel auch sie zu Nebel und wurde vom Wind davongetragen. Ich schaute perplex zu der Stelle, an der Qujan gestürzt war. Ungläubig starrte ich dort hin, ich konnte mich nicht rühren. Fenjha hatte entsetzt ihren Degen fallen lassen und war zu der Stelle gerannt. Nun stützte sie ihre Ellenbogen auf die Steinwand, vergrub das Gesicht in ihren Händen und weinte. Ich spürte wie auch mir eine Träne über die Wange lief. Warm und voller Schmerz und Trauer. Was war gerade geschehen? Alles schien wie ein Traum. So standen wir dort eine Stunde - vielleicht waren es auch zwei gewesen, oder nur zehn Minuten. Jedenfalls kam es mir lang vor. Schließlich trat ich zu Fenjha und legte tröstend einen Arm um sie.
"Das tut mir echt Leid, aber wir müssen nach vorn schauen!", sagte ich sanft.
Fenjha sah tränenverschmiert zu mir hoch und schniefte. "Na, gut...", erklang ihre belegte Stimme.
"Hey! Wie wär's wenn ihr nicht nach vorne schaut sondern nach UNTEN?!", ertönte eine leicht genervte Stimme. Wir sahen verblüfft auf. War das ein Geist? Oder lebte Qujan? Aber das war unmöglich...
Wir sahen, wie befohlen, an der Brücke hinunter. Da baumelte Qujan an einer morschen Liane mit blutigen Händen. Erst seufzten wir erleichtert, dann versuchten wir, Qujan zu helfen. Mit aller Kraft zogen wir ihn an der Liane nach oben. Qujan kletterte über den Brückenrand und ließ sich erschöpft auf den Boden sinken. Außer Puste setzten Fenjha und ich uns daneben.
Qujan keuchte ein paar mal. Dann fing er an zu lächeln und drehte sich zu Fenjha um. "Du magst mich!", stellte er fest. Fenjha - sie hatte gerade noch geschnieft - straffte ihren Körper und funkelte Qujan an. "Und was lässt dich annehmen, dass ich dich "mag"?", fragte sie schnippisch. Qujan grinste leicht verunsichert. "Das hat man doch sogar von da unten genau gesehen..."
"Na, wohl eher nicht. Denn ich MAG dich NICHT!"
"Doch, davor auch schon! Zum Beispiel bei den Kobolden!"
"Ach, Quatsch!"
Fenjha und Qujan stritten weiter und ich dachte lächelnd: Sie mögen sich halt DOCH!
Nach einer kurzen Verschnaufpause liefen wir endlich auf die andere Seite der Brücke.
Noch an diesem Tag durchquerten wir die Fazilwälder.
Am Abend richteten wir uns ein Lager ein und durchschliefen die Nacht. Am nächsten Morgen brachen wir auf.
Es ging weiter in den Eisforst.

 
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8. Kapitel

#8 von Cysgodol , 30.10.2013 21:27

Das Land der Schneedrachen


Es wurde zunehmend trüber und kälter. Ab und zu fielen kleine, nasse Eiskristalle vom Himmel. Sie wurden immer fester und größer. Der Boden wurde härter und es wuchs kaum noch ein Laubbaum. Nur hässliche Tannen und Kiefern säumten den Weg und verschlangen das weißliche Licht. Wenn man in die dichten Nadelwälder hineinblickte sah man nichts als tiefschwarze Dunkelheit. Der Weg wurde nun immer weißer, kleine Schneekristalle setzten sich dort fest und knirschten unter den Füßen. Normalerweise trugen Nymphen keine Schuhe aber es war schon leicht winterlich von den Temperaturen her und wir hatten unsere gefütterten Stiefel angezogen. Langsam fing es an, dauernd zu schneien. Erst kleinere Flocken, dann schon etwas größere. Jetzt zogen wir noch dicke Mäntel an und setzten die Kapuzen auf. Das Schneetreiben wurde immer dichter und der Weg wurde von einer 25cm tiefen Schicht begraben. Die Tannen trugen längst schon weiße Häufchen auf ihren Ästen. Ein scharfer, kühler Wind blies uns ins Gesicht und rötete Wangen und Nasen. Wir bemerkten gar nicht, dass wir in baumlose Schneeebenen geraten waren, so hatten wir die Augen zugekniffen. Immer weiter stapften wir in den immer tiefer werdenden Schnee. Manchmal huschte ein Schatten vorbei. Ein Hase oder ein Reh, manchmal ein Fuchs. Doch das waren die ungefährlichen Wesen hier. Sogar die Wölfe waren nichts gegen sie. Die Rede ist von den Schneedrachen!
Ich hatte noch nie davon gesehen und nur wandernde Händler flüsterten über sie. Ehrlich gesagt wollte ich keinem begeben... Ich schlang meine Arme um mich. "E-es ist w-w-wirklich k-kalt hier!", stotterte ich vor Kälte zitternd.
Qujan und Fenjha schienen wie eingefroren und antworteten nicht. Sie liefen nur schweigen nebenher. Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ der Wind und der Schneefall nach. Wir starrten auf die kalt weiß schimmernden Ebenen. Die Wolken hingen wie graue, dämpfende Watte am Himmel. Alles glitzerte und spiegelte. Eine tödliche Pracht. Erst war alles glatt. Dann wurde es hügliger. Der Wind pfiff uns wieder um die Ohren, scharf und zischend. Meine Zähne fingen an zu klappern. Bald sahen wir in der Ferne das Glasgebirge, so eisig das es aussah wie dünnes Glas. Weit im Südosten lag das Eisschollenmeer und im Nordwesten die Ruine von Kat-uhåll.
Es herrschte immer gleiches Licht und keiner hatte eine Ahnung, wie lang wir hier schon liefen. Es können mehrere Stunden sein, vielleicht aber auch schon Tage! Das Gebirge schien nie näher zu kommen. Jetzt herrschte eisige Windstille. Ich spürte wie die Kälte in meine Füße, Hände, Zehen und Finger gekrochen war und sie taub werden ließ. Meine Beine gaben nach und ich landete mit den Knien im weichen, frostigen Schnee. "Alexandra, steh auf!", zischte Qujan schwach. "Steh schon auf und ich verspreche dir, dass wir bald rasten!"
Ich konnte nichts sehen. Meine Augen tränten von der unbarmherzigen Kälte. Ich wollte etwas sagen. Irgendwas. Aber meinem Kopf fiel nichts ein. Der Eiswind hatte alles weggefegt.
Ich spürte Fenjhas und Qujans Hände auf meinen Armen und sie zogen mich hoch und stützten mich. "Halt durch, Alexa, da vorn ist eine Höhle!", flüsterte Qujan mir ins Ohr. Ich fröstelte und hielt die Augen geschlossen. Wie hielten Fenjha und Qujan das nur aus? Die Taubheit kroch nun kribbelnd meinen Hals hinauf. Sie erreichte meinen Kopf. Plötzlich war ich schrecklich müde und schlaff. Im nächsten Moment war ich weggetreten.


Leicht warmer Wind prickelte auf meiner Haut. Er taute meine Glieder auf und ich konnte leicht die Augen öffnen. Durch den Schlitz sah ich ein prasselndes Feuer. Ich schloss die Augen noch einmal und öffnete sie dann ganz. Ich lehnte an einer weiß-silbrigen Eiswand. Vorne erkannte ich ein schwarzes Loch, den Höhleneingang. Vor mir hatte jemand ein kleines Lagerfeuer entfacht, das sich schon leicht in den Eisuntergrund eingeschmolzen hatte. Qujan schnarchte eingerollt in eine dicke Wolldecke an der Wand links von mir. Fenjha schlief an der rechten. Ich lächelte, wobei ich merkte, dass mein Gesicht noch halb eingefroren war. Das Zittern setzte wieder ein und ich rückte näher an das Feuer und streckte ihm meine Hände entgegen. Es brannte bläulich in dieser Gegend. Qujan grunzte und wälzte sich auf die andere Seite.
Ich saß am Feuer bis der Höhleneingang kein schwarzes Loch mehr war sondern graue, rosa-orange melierte Wolken zeigte.
Fenjha und Qujan erwachten am späten Vormittag. Sie freuten sich, dass ich aufgewacht war und drückten mich fest.
„Also wo geht es als nächstes hin?“, fragte Fenjha leicht überheblich. Sie stand mit verschränkten Armen da und lehnte gegen die kalte Wand. Qujan saß im Schneidersitz vor dem Feuer. Mein Bruder stocherte planlos mit einem Stock in der Glut. Er schwieg kurz und antwortete dann:“ Es geht gleich heute weiter in Richtung Glasgebirge. Wir sind sicher in einem halben Tagesmarsch dort.“ Fenjha gab ein verachtendes Geräusch von sich, verdrehte die Augen und starrte zum Eingang. Qujan seufzte schwer und stand auf. „Na, dann los!“, forderte er uns auf und lief schonmal los.

Wir liefen auf einem Bergpfad entlang. Die flachen Ebenen hatten wir nun völlig hinter uns gelassen. Der Pfad stieg stetig an und wir mussten uns etwas anstrengen… „Wohin gehen wir eigentlich genau?“, fragte Fenjha keuchend. Qujan blieb schnaufend stehen und zeigte nach vorne auf einen riesigen Berg, auf den wir zuliefen. „Das ist der Falark Delós. Es ist der höchste Berg hier im Schneedrachengebiet und sein Name bedeutet in der alten Sprache der Schneedrachen: Todkalter Riese. Ziemlich passend…“ Fenjha stöhnte. „Warum können wir nicht drum rum laufen??“, fragte sie angesäuert. Qujan lief wieder weiter und Fenjha und ich folgten ihm. Mein Bruder hatte wieder seinen Oberlehrerton beim Sprechen: „Die Anreise ist für jeden neuen Wächter die erste Herausforderung. Wenn er es nicht macht verliert er seine Kraft und ein neuer Wächter wird geboren. Und wenn er auf der Reise stirbt folgt das Gleiche.“ Fenjha stöhnte demonstrativ genervt und gelangweilt. Ich lächelte in mich hinein. Sie stritten schon die ganze Zeit. „Das ist ja sowas von bescheuert!“, schrie Fenjha. „Warum muss gerade ICH da mitmachen??“ Qujan erwiderte noch ein paar Sachen und sie stritten sich immer weiter. In den letzten Minuten hatten sich die Wolken um uns herum gelichtet und ich konnte nun viel mehr entdecken: Rechts neben uns erhob sich eine Steile, eisige Bergwand. Aber auf der linken Seite fiel es stark ab und man konnte über die weiten, weiß glitzernden Schneeebenen blicken. Entweder standen dort weiß schilldernde, mit Eiszapfen behängte Bäume die aussahen wie ein geschmückter Christbaum oder man wurde von den makellos weißen Schneeebenen geblendet. Ich lief staunend weiter und merkte, dass Fenjha und Qujan ganz still geworden waren. Auch sie starrten nun die eiserne Schönheit an. Endlich waren sie still! Das war etwas Besonderes. Ich war froh dass die beiden endlich wieder etwas gefunden hatten um zu Schweigen.
Wir liefen weiter nebeneinander her. Keiner sagte etwas. „Hey, Qujan. Was machen wir eigentlich wenn wir ankommen?“, fragte ich meinen stillen Bruder. Qujan seufzte. „Niemand weiß ob wir wirklich ankommen. Aber wenn, bleiben wir erst einmal eine Weile bis ein Bote von zuhause kommt. Dann gehen wir wieder und überlassen dich deiner Ausbildung.“Ich wurde ein wenig traurig. Irgendwann musste ich sie verlassen und ein neues Leben anfangen. Eins, über dass ich noch nichts wusste. Qujan bemerkte meinen Gesichtsausdruck und seufzte nochmal, blickte mich dann freundlich an und legte mir freundschaftlich und aufmunternd seine Hand auf die Schulter. „Das schaffst du schon, meine Kleine“
Ich sah ihn an. Manchmal war er echt ein super Bruder!
Die Wolken kamen wieder und hüllten uns ein. Bald schon konnte man keine drei Meter mehr weit sehen. Wir liefen langsam und mussten sehr aufpassen, nicht daneben zu treten. Der Pfad machte manchmal Kurven oder fiel ab, nur um gleich danach noch steiler anzusteigen.
Die Wolkendecke dämpfte alle Geräusche. Es schien als ob die Wolken aus Watte beständen und uns die Ohren zustopften.
Wir wussten nicht, wie lange wir schon liefen oder wie weit wir schon waren. Wir folgten einfach dem Pfad.
Ich hörte ein gedämpftes Geräusch. Es klang wie schlagende Flügel... Ich stoppte die anderen und wir lauschten. Und wirklich! Wir alle hörten es. Manchmal durchdrang auch ein Schnüffeln die stille Luft. "Was um Himmels Willen kann das sein??", fragte Fenjha zornig, aber ich hörte Angst in ihrer Stimme mitschwingen.
Qujan blieb still. Dann sagte er mit belegter Stimme: "Ich glaube, das könnte ein Schneedrache sein..." Ich erstarrte. Ein Schneedrache? Die skrupellosen Jäger in der Luft mit dem kalten, unnahbaren Herzen?

Wir lauschten weiterhin den sich nahenden Geräuschen. Langsam konnte man wieder etwas sehen. Sichtweite 5 Meter, 10 Meter, 13 Meter... Immer weiter, bis es schon ein bisschen über zwanzig waren. Nun steckten wir nicht mehr in der Watte drin, sie umrahmte uns und schloss uns ein. Wir hörten wieder mal ein Fauchen, dieses mal dagegen viel näher! Wir zogen unsere Waffen, Fenjha ihren Degen, Qujan sein Schwert und ich meine Dolche. Rücken an Rücken warteten wir auf den Schneedrachen, auch bekannt als eiskalter Tod.

 
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9. Kapitel

#9 von Cysgodol , 30.10.2013 21:28

Der Kampf mit dem eiskalten Tod


Plötzlich durchbrach eine schuppige, weiß schillernde Schnauze die Wolkenwand. Sie schnüffelte und zog sich dann wieder zurück. Wir hielten den Atem an. Erst geschah nichts. Man hörte nichts, man sah nichts. Aber dann durchdrang ein markerschütterndes Brüllen die Luft. Der Boden bebte und wir taumelten ein bisschen, blieben aber standhaft. Wieder ein schnüffeln. Die weiß schillernde Schnauze kam jetzt in Begleitung. Und zwar in Begleitung vom Rest des Kopfes, den Hornstacheln am Hinterkopf und den eisblauen, todkalt blickenden Augen. Ich atmete mit einem Stoß aus. Der Schneedrache sah uns immer noch einfach an. Wahrscheinlich um zu vermuten ob wir schwierige Beute waren oder nicht. Dann tauchte ein krallenbesetzter Vorderfuß auf. Und noch einer! Der lange Hals des Tieres schob den Kopf immer weiter vor und bald war die massige, weiße Brust erkennbar, stramm und voller Flugmuskeln. "Der sieht nicht unbedingt freundlich aus!", setzte Fenjha Qujan in Kenntnis. "Es ist eine SIE!", rief er stattdessen. Ich war überrascht. Woran erkannte er das??
"Qujan? Woher weißt du das?", fragte ich ihn, ohne den Drachen aus den Augen zu lassen. Mein Bruder hob seinen Zweihänder noch ein bisschen und zeigte auf die schneeweiße Stirn des Drachen. Dann erklärte er mit: "Männchen haben an der Stirn eine graue bis schwarze Stelle. Der hier nicht!" Jetzt verstand ich es.
Der Drache musterte uns feindselig und fauchte dann laut. Dann hörte man einen kräftigen Flügelschlag, der den ganzen Nebel vertrieb. Nun konnte man die ganze Größe des Drachen erkennen.
Sie war riesig! Mindestens sieben Meter lang! Der Kopf und der Hals ungefähr zwei Meter, der Körper auch und der lange Schweif bestimmt vier Meter! Wir traten alle einen Schritt zurück. Der Drache fauchte nochmal und spreizte die Krallen. Wir gingen in Angriffsposition und der Drache lief langsam auf uns zu. Das Eis bebte und klirrte unter ihren Schritten. Ich rutschte aus und meine Dolche kullerten über das spiegelglatte Glaseis. Qujan drehte sich um. "Alexandra!", rief er erschrocken.

Der Drache nutzte das und stieß einen eisblauen Schwall Feuer aus. Qujan und Fenjha duckten sich rechtzeitig. Ich stand auf und holte meine Dolche. Dann stellte ich mich neben Qujan. "Sollen wir abhauen oder kämpfen?", fragte ich ihn flüsternd. "Lieber wäre mir abhauen aber das ist unmöglich...", antwortete er. Was sollten wir tun? Meine Gedanken kreisten herum. In meinem Herz krallte sich todkalte Angst fest. Irgendwie wurde die Luft NOCH kälter, schneidender, schärfer. Der Drachen zischelte und betrachtete uns noch einmal genau.
Mir kam es vor wie eine Ewigkeit. Wir standen Schulter an Schulter da, die Waffen gezückt und auf den Drachen gerichtet. Der Drache sah uns an, als ob er etwas abschätzte.Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte krampfhaft, nicht irgendwelche reizenden Bewegungen zu machen. Wir starrten dem Drachen in die Augen. Regungslos, stimmlos, atemlos. Vor uns bildeten sich Tröpfchenwolken, wenn wir ausatmeten. Ich Drache atmete tief und grollend ein und aus. Ich spürte die Wärme die von dem Drachen ausging. Ich schloss meine Augen obwohl ich wusste, es könnte mir das Leben kosten. Aber irgendwo in mir steckte ein Instinkt, der mich in eine Art Trance verfallen ließ. Ich spürte meinen Körper nicht mehr, ich entglitt ihm. Ich sank in den gläsernen Boden und kam auf den Drachen zu. Ich fühlte nichts. Alles war schwarz. Nur vor mir ein helles Licht. Ein pulsierendes Leuchten. Es musste der Drache sein! Aber Denken viel schwer. Wie Watte war alles gedämpft. Ich hörte leise Schreie in weiter Ferne. Und ein Zischeln und fauchen. Dann war es still. Ich war dem Licht schon sehr nahe gekommen, spürte eine kühle Haut und die innere Körperwärme. Das Leuchten zog mich an. Ich spürte immer deutlicher den Puls des Drachen. Es war zum Greifen nahe... Ich wusste nicht was. Ich folgte einfach dem Sog.
Plötzlich und mit einem Schlag wurde alles schwarz. Kurz war ich fast wie ohnmächtig. Dann spürte ich meinen Körper wieder. Ich konnte ihn aber noch nicht bewegen. Jemand rüttele ihn an meinen Schultern. Ich wollte sagen "Hör auf!" und die Hände wegschubsen aber weder meine Stimme noch meine Arme gehorchten mir. Die Augen waren noch geschlossen. Auch sie gehorchten mir nicht. Ich stöhnte. Es hatte geklappt. Das Rütteln und Schütteln hörte auf und ich hörte Qujans Stimme: "Alexa!? Was ist los?? Meine Güte, Alexa!" Ich stöhnte nochmal und konnte mich wieder leicht bewegen. Ich steckte meine Finger und versuchte meinen ganzen Körper aus der Starre zu lösen. Nach und nach gehorchten meine Körperteile mir wieder und ich konnte meine schweren Augenlider öffnen. Erst war alles verschwommen. Ich blinzelte und erkannte das Gesicht meines Bruders, wie es mich mit entsetzter Furcht ansah. Ich versuchte zu lächeln, wobei sich nur kläglich meine Mundwinkel hoben. "Es ist nix ", sagte ich langsam, denn sprechen fiel mir noch schwer. Qujan richtete sich auf und zog mich mit. Auf wackeligen Beinen blieb ich stehen. "Was... was ist passiert?", fragte ich irritiert. Qujan seufzte. "Das sollten wir eher dich fragen..." Er sah mich vorwurfsvoll an, aber in seinem Augen konnte man Angst und Erleichterung sehen.
Qujan fing an, mir zu erzählen das ich plötzlich umgefallen sei als mir wieder in den Sinn kam dass gerade noch ein gefährlicher Schneedrache neben uns gestanden hatte. Ich drehte mich zu der Stelle - und dort war nichts. "Wo ist der Drache??", fragte ich irritiert. Qujan sah auch zur Stelle. "Fenjha hat ihn vertrieben solange ich zu dir geeilt bin." Erklärte er mir. "Da hat er plötzlich aufgebrüllt und ist davongeflogen. Ich dachte schon, Fenjha hatte ihn erwischt, aber sie stand mindestens zehn Meter weit weg..." Ich antwortete nichts sondern versank in tiefes Grübeln.

 
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10. Kapitel

#10 von Cysgodol , 30.10.2013 21:29

Die letzte Etappe: Der Todeswald der Klagen

Wir erreichten am nächsten morgen den Todeswald. Er grenzte direkt an den Fuß des Glasgebirges. Als ich ihn betrat schauerte ich. Ich musste an meinen Traum denken. Vorsichtig sah ich zu Qujan, der lachend mit Fenjha redete. Sie verstanden sich immer besser, wie es mir schien.
Am Abend suchten wir Schutz in einer Höhle, um zu schlafen.
Vor dem Einschlafen ging ich nochmal raus um frische Luft zu schnappen. Ich streckte mich und atmete tief ein. Plötzlich hörte ich leises Gekicher... Ich hörte genauer hin und hörte Stimmen. Ich schlich mich hin und duckte mich hinter einen Busch. Ich zählte bis drei und wagte dann, drüber zu schauen - ich sah Qujan und Fenjha reden. Fenjha kicherte ab und zu und sie schienen sich blendend zu verstehen. Plötzlich geschah etwas ziemlich komisches : Qujan und Fenjha küssten sich! Ich duckte mich wieder hinter den Busch und gluckste in mich hinein. "Wie süß!", dachte ich.
Ich schlich mich wieder zurück zur Höhle und legte mich hin. Nach ein paar Minuten hörte ich Schritte. Ich tat so als ob ich schlief, hatte meine Augen aber ein bisschen geöffnet... Qujan und Fenjha kamen Händchen haltend herein. Qujan hatte es also doch geschafft! Ich musste grinsen und schloss die Augen. Ich schlief ein und hatte einen traumlosen Schlaf.

Am nächsten morgen schliefen Qujan und Fenjha noch. Ich ging nach draußen, wo es schon dämmerte. Allgemein herrschte im Todeswald immer Zwielicht. Es war leicht neblig und staubig und man konnte nicht glasklar sehen. Ich wischte mir über's Gesicht und setzte mich im Schneidersitz ins trockene Gras. Ich schloss wieder die Augen und lauschte. Nichts. Kein Vogel, kein Tier war zu hören. Es schien als ob der Nebel die Geräusche verschluckte. Ich öffnete meine Augen wieder und sah mich um.
Der Todeswald der Klagen tönte sich grau in grau. Die Blätter schienen farblos, das Licht, die Baumstämme. Alles sah trübe aus und verhinderte, dass fröhliche Stimmung aufkam. Ich stand auf und sah wieder in die Höhle. Fenjha lag noch da und döste während mein Bruder sich an die Wand lehnte und mit der Kette spielte, die er immer umhatte. Es war ein Band mit einem Drachenzahn dran. Ich wusste nicht, woher er den Zahn hatte. Jedenfalls war er echt. Fenjha bewegte sich und stöhnte. "Hier schläft sich's echt schlecht!", meinte sie müde und gähnte. Kurz sah sie verstohlen zu Qujan - und ich musste wieder innerlich grinsen. Qujan sah leicht gelangweilt zurück. "Wir müssen eigentlich nur noch durch den Wald und dann erreichen wir das sichere Grundstück des Schlosses.", sagte er gelangweilt und kroch nach draußen.
Ich lief hinterher und wusste nicht, was ich jetzt tun sollte... Mir war langweilig! Wie konnte das nur sein?? Ich sah, dass auch Fenjha nicht gerade munter und voller Energie war. Sie kam auch aus der Höhle heraus. "Können wir jetzt weiter?", fragte sie leicht angenervt. Qujan nickte und lief los. Direkt in den grauen Wald hinein. Auch mitten zwischen den Bäumen schien es kein Leben zu geben...

Wir liefen schon seit ungefähr einer Stunde durch den grauen, leblosen Wald. "Ging es hier eigentlich irgendwas Lebendes?", fragte ich in die unendliche Stille. Qujan nickte. "Zurgon-Wölfe, Shakh-Drachen, Scheinelfen. Alles sehr gefährliche Wesen..." "...da muss man sich auch nicht mehr fragen warum dieser Wald 'Todeswald' heißt.", ergänzte Fenjha. Ich nickte auch. Na, DAS waren mal tolle Aussichten...
Ich fragte mich gerade, wie Qujan es schaffte sich zu orientieren, als Fenjha plötzlich einbrach. Der Boden gab unter ihren Füßen nach und sie stürzte in ein Loch. Leise rieselte noch trockenes, graues Laub nach. "Nein! Fenjha!? Geht es dir gut??", schrie Qujan, schmiss alles, was er in der Hand hatte weg und kniete sich neben das Loch. Man hörte ein Husten. "Ja, ich bin ok", krächzte es von unten und man hörte nochmal ein Husten. Qujan seufzte erleichtert und sah sich suchend nach etwas Brauchbarem um. "Bist du verletzt?", fragte ich Fenjha. Kurz war es still bis auf ein Rascheln. Dann hörte man ein "Au, verdammt!" und Fenjha antwortete: "Ich glaube ich habe einen fiesen Schnitt im Gesicht..." Ich stockte. Es gab Schlimmeres aber es gab auch Besseres. Ich sah mich nach Qujan um. Mein Bruder war gerade in einem Gebüsch verschwunden und kam nach einiger Zeit wieder, mit einer festen Liane in der Hand. Er lief zu dem Loch, in das Fenjha gestürtzt war und ließ die Liane runter. „Knote dir die Liane um den Bauch. Dann können wir dich hochziehen.“, erklärte Qujan Fenjha. Ich sah zweifelnd zu meinem Bruder. „Denkst du, wir schaffen es sie hoch zu ziehen?“, fragte ich ihn.Qujan sah mich verzweifelt an und meinte: „Wir MÜSSEN es einfach schaffen!“ Ich nickte und als Fenjha rief: „Okay, ich habe mir die Liane rumgeknotet!“ zogen wir so kräftig wir konnten an der farblosen Ranke. Langsam und mühsam zogen wir an der Liane. Irgendwann tauchte Fenjha auf. Ächzend stützte sie sich auf dem grauen Boden ab. Über ihrer linken Augenbraue fing ein eher oberflächlicher Schnitt an, der über ihre Nase verlief und an ihrer Wange endete. Ich sog scharf die Luft ein und kramte in meiner kleinen Tasche nach ein paar Kräutern. Ich kniete mich neben Fenjha und trug eine Art Masse aus Blüten und Nektar auf. Fenjha biss die Zähne zusammen und grub ihre Finger in die Erde. Irgendwann war ich fertig und stand seufzend auf. "Wir sollten echt weiter. Jeder Zwischenfall lässt unseren Weg länger erscheinen", sagte ich nun in die immer noch vollkommene Stille. Qujan nickte bedrückt und Fenjha richtete sich tapfer auf. "Diese graue Umgebung und die leichte Magie der Scheinelfen in jedem Zentimeter Wald lässt unsere Gefühle sinken...", flüsterte sie und sah sich um.

Bald schon liefen wir eine oder mehrer Stunden durch den Wald. Weitere Zwischenfälle gab es nicht, der schlimmste sollte aber noch kommen. Wir redeten etwas wobei ich bemerkte wie Qujan's Laune am schnellsten sank. Ich hatte plötzlich das Gefühl als ob er verfolgt würden... Fenjha drehte sich ihrerseits um und spähte zu mir. Sie schien das gleiche zu denken. Qujan sah weiterhin mürrisch drein. Immer wieder hörte man ein Rascheln... Schnaufen... Schritte... Etwas oder jemand kam näher... Und er schien nicht allein zu sein! Plötzlich rannte Fenjha los. Ich reagierte reflexartig und rannte ihr nach. Qujan sah uns überrascht an und lief dann hinterher. Ich sah gehetzt in die Büsche neben uns. Manchmal blitzte etwas metallisches auf. Was war das?? Wir kamen auf eine kleine, graue, dornige Lichtung und machten eine kleine Verschnaufpause... Falsche Entscheidung. Um und herum versammelten sich einige metallisch aufblitzende, knurrende Kreaturen. Ich zitterte leicht und hielt mich zurück. Fenjha hatte nach ihrem Degen gegriffen und richtete ihn entschlossen auf die Büsche. Qujan sah die im Schatten lauernden Gestalten zornig an. Plötzlich traten um uns herum mehrere, metallisch glänzende Wölfe hervor. Auf ihren Rücken wehrten viele lange, spitzte Stacheln und ihre giftig gelben Augen leuchteten hungrig...


 
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11. Kapitel

#11 von Cysgodol , 30.10.2013 21:31

Das Blut des Schicksals


Wir wurden von ca. 15 hungrigen Zurgon-Wölfen angeknurrt. Sie kamen näher und fuhren sichtbar ihre Krallen aus. An ihren gefletschten, dolchartigen Zähnen hing giftgrüner Speichel, der bei unserem Anblick auf den Biden tropfte und das Blatt auf das es traf wegätzte. Ich unterdrückte einen Furchtechrei und hob meine Dolche. Man merkte sofort wer das Alpha war... Ein großer, stämmiger Wolf der direkt vor Fenjha und mir stand knurrte laut und funkelte uns an. Zurgon-Wölfe waren einfach riesig, diese hier gingen mir ungefähr bis zur Brust. Ich sah leicht unsicher zu Fenjha. Doch die starrte nur strickt dem Wolf in die giftigen Augen. Ich sah zu Qujan der seinerseits einige Wölfe anstarrte. Die hungrige Meute schlich dich lauernd um uns. Er wussten nicht was kam... Nur dass es schwierig werden würde hier lebend wieder raus zu kommen. Der Alpha-Wolf knurrte plötzlich laut uns stürtzte sich auf Fenjha. Wie gelähmt starrte ich auf das Szenario: Der Wolf öffnete sein riesiges Maul, schnappte sich Fenjha einfach in der Mitte und versenkte deine Zähne in ihrem Rücken und Bauch. Fenjha schrie aus Todesangst, versuchte sich zu befreien und schnitt dem Wolf in die Schnauze. Der Wolf jaulte, biss unkontrolliert stärker zu und schleuderte Fenjha dann in einen Busch. Ich verlor sie aus den Augen. Qujan schrie vor Wut auf, metzelte einen nach dem anderen nieder und tötete schließlich den Alpha-Wolf. Wütend schnaufend blieb er stehen, die blutverschmierten Hände um sein Schwert geklammert. Langsam drehte er sich zu mir um und starrte mich mit weiß glühender Wut in den Augen an. "Du hättest es verhindern können!", schrie er. Ich sah ihn ungläubig an, schüttelte den Kopf und widersprach: "Wie denn? Es war so plötzlich... Und vielleicht lebt sie ja noch!" Qujan starrte mich finster an und richtete sein Schwert auf mich. "Nein. Sie kann das nicht überlebt haben! Und das nur wegen DIR!", bei dem letzten Wort schlug er mit seinem Schwert zu. Ich wehrte mit meinen Dolchen ab. Was hatte er denn? "Qujan, beruhig dich...", setzte ich an aber Qujan unterbrach mich. "Nein das werde ich nicht! Du hast Fenjha umgebracht!", brüllte er. Seine Worte verklangen und ich schluckte. Die Magie der Scheinelfen... Er setzte zu einem neuen Schlag mit dem Schwert an, immer wieder. Und so verwickelte er mich in einen heiklen Kampf. Einmal erwischte er mich am Bein und an der linken Schulter, ein andermal traf ich seinen rechten Arm. Wir kämpften unerbittlich, Bruder gegen Schwester. Jeder kannte die Schwächen seines Gegners. Plötzlich bemerkte ich aus Instinkt das er eine schwache Stelle in seiner Deckung hatte und stach zu. Sofort ließ ich den Griff meines Dolches los, trat fassungslos einen Schritt zurück und starrte Qujan an. Mein Bruder hatte die Augen aufgerissen und sein Schwert entglitt seinen blutigen Fingern. Er sank auf die Knie und sah mich glasig an. Dann zog er meinen Dolch aus der Brust und ließ ihn fallen, was den grauen Boden sofort rot färbte. Ich atmete flach. Was hatte ich gerade getan??? Qujan drückte seine Hände auf seine stark blutende Brust und hauchte: "Warum?" Ich wusste keine Antwort. Um mich herum lief alles plötzlich in Zeitlupe. Mein Bruder sank nun blutverschmiert zu Boden. Er lag auf dem Rücken und atmete noch flach. Alles lief wieder in Normalzeit. Ich kniete mich neben meinem Bruder auf den Boden und umarmte ihn. Salzige Tränen flossen meine Wangen hinab und tropften auf sein blutiges Hemd. "Nein!", hauchte ich. Plötzlich atmete Qujan nur noch ächzend und abgehackt. "Nein!", flüsterte ich nochmal und drückte ihn. Ich bemerkte nicht wie Qujan's Herz schließlich stoppte und er aufhörte zu atmen. Erst nach mehreren Minuten, in denen ich so dasaß registrierte ich es und sah den leblosen Qujan mit tränenverschmiertem und schmutzigen Gesicht an. Ich wollte um konnte das einfach nicht zulassen. Das passte nicht in meinen Kopf. Ich hatte gerade meinen BRUDER umgebracht!

Ich ließ mich sinken und sah in das graue Blätterdach. Nach weiteren Minuten erinnerte ich mich an Fenjha. Ich lief zu dem Busch. An dieser Stelle war alles rot gefärbt. Ich hörte ein Keuchen und Ächzen. "Fenjha? Fenjha!", rief ich mit tränenerstickter Stimme. Ich erkannte Fenjha zusammen gesunken und mit vielen stark blutenden Wunden am Bauch und Rücken im Busch liegen. Erschüttert zog ich sie aus dem Busch und legte sie auf die Lichtung. Ihr Blick schweifte und blieb plötzlich an meinem leblosen Bruder hängen. "Waren das die... Wölfe?", fragte sie stockend. Ich zögerte und schüttelte den Kopf. "Ich"
Sie sah mich entgeistert an. "Warum?", hauchte sie nun auch.
"Er ist ausgerastet... Sagte, ich hätte dich umgebracht...", ich stockte und vergrub mein Gesicht in den schmutzigen und blutigen Händen. Eine Hand legte sich auf meine Schulter. "Wahrscheinlich ist Qujan nun an einem besseren Ort...", tröstete sie mich obwohl man ihr anmerkte dass auch sie es schwer verkraftete. Ich seufzte und nickte. Dann sah ich mich um. Überall lagen Wölfe herum, in der Mitte viel Blut und Qujan... Ich zog Qujan beiseite und baute ihm ein kleines Floß. Dann legte ich seine Leiche darauf und ließ ihn einen grauen Fluss entlang fahren. "Das du auf ewig in Frieden ruhst", murmelte ich. Plötzlich stand Fenjha neben mir und nickte stumm. Man merkte das es wohl sehr schmerzen musste aber sie war hier. Sie war am Leben.

 
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12. Kapitel

#12 von Cysgodol , 30.10.2013 21:31

Das Schloss der Elemente


Nachdem wir und von dem grausamen Ort verabschiedet hatten waren wir weitergelaufen. Die Stimmung war weiterhin bedrückend und er sprachen nur wenig. Unsere Vorräte reichten noch ein paar Tage und wir müssten das Schloss finden. Das könnte schwierig werden... Immerhin lag es versteckt damit die Wächter in Ruhe trainieren konnten. Fenjha trug seit einigen Tagen einen Verband um ihren Körper und quälte sich jeden Schritt weiter. "Fenjha. Du musst mich nicht begleiten!", meinte ich und sah sie besorgt an. Sie schüttelte nur den Kopf. "Wo soll ich denn sonst hin? Zurück ins Dorf? Auf dem Weg werde ich umkommen!" Stimmt... Daran hatte ich gar nicht gedacht. So liefen wir weiter, mit schrecklichen Erlebnissen hinter uns und dem Unwissenden am Ziel.
Unsere Vorräte neigten sich dem Ende zu und wir rationierten sie. Ich hatte tagsüber Hunger und hätte fast die giftigen Pilzbeeren abgezupft und gegessen. Aber Fenjha warnte mich. So liefen wir auch noch hungrig weiter und hofften, wir fänden dass Schloss bald.
Am nächsten Tag liefen wir den Wald entlang. Mir schien es als wurde das grau des Waldes immer farbiger... "Ich spüre es, wir nähern uns dem Ziel", sagte ich leise und lief weiter. Das grau wurde zu grau-blau und dann immer blauer bis ich durch einen blauen Wald lief, blau vom Boden bis zur Baumkrone. Plötzlich wurde es heller und ich erkannte dass der Wald in ein paar Metern endete. Ich lief schneller und Fenjha folgte mir. Schnellen Schrittes kamen wir am Waldrand an. Sonnenlicht strömte auf die Wiesen... Und das Gebäude, dass von dem blauen, einem roten, einem durchsichtigen und einem grünen Wald umkreist wurde. Staunend blickte ich mich um. Das Gebäue stach aus der Umgebung und fügte sich trotzdem in die Lamdschaft ein. Ein großes, beiges Gebäude das aussah wie aus der Renaissance. Es war groß, hatte einen Garten und lag neben einem See. Ich war beeindruckt. Wir liefen einen Feldweg entlang und kamen näher. Immer größer ragte das Schloss vor und auf. Schöne verschnörkelte Verzierungen hatte es. Irgendwann standen wir direkt vor dem Gebäude. Vor uns erhob sich das wunderbare Schloss, zu dem man durch eine Brücke gelangte. Wir betraten ehrfürchtig die Brücke und liefen sie langsam entlang. Ich bestaunte den schönen See, die vor Sonnenlicht leuchtenden grünen Wiesen, das Schloss selbst da es so schön verziert war... Irgendwann kamen wir auf dem gepflasterten Hof an und ich hörte einige Stimmen. Sie schienen uns bemerkt zu haben. Freudig aussehende Menschen kamen auf uns zu. Man erkannte sofort dass es Mentoren waren. Man empfing uns mit offenen Armen und Fenjah und ich wurden in eine große Empfangshalle geführt. Ich sah mehrere Mentoren und drei andere Elementwesen - die anderen Wächter. Ich grinste die drei an, denn ich war plötzlich so glücklich. Endlich hatte ich alles überstanden und konte meine Ausbildung beginnen. Der eine Junge war eher in rötlichen Farben, also ein Feuerwesen... Ein Mädchen war wie durchsichtig und der andere Junge bräunlich, also Luft und Erde. Ein Mentor begrüßte uns höflich und zeigte uns einige Sachen. Da es schon wieder Abend wurde bekamen wir beide ein Zimmer, denn Fenja musste ja auch noch irgendwo bleiben bis sie ging. Am Abend lagen wir beide in unseren Betten im Zimmer und murmelte noch leise über unsere Anreise voller Strapazen. Fenjha würde wahrscheinlich in den nächsten Tagen abreisen ... Und dann begann meine richtige Ausbildung.

 
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