ll. Kapitel - Ein Leben nach dem Tod

#1 von Cysgodol , 06.05.2014 17:26

Sie öffnete schlagartig die Augen. Automatisch versuchte sie, ihren Puls zu beruhigen – doch da war kein Puls. Sie hielt erschrocken die Luft an – und merkte, dass sie garnicht mehr atmen musste. Um sie herum herrschte völlige Dunkelheit. Selbst als sie merkte, dass sie im Dunkeln sehen konnte, half das nicht weiter. Sie lag in einem Raum, eingeschlossen in Erde. Der Sauerstoff war bestimmt bald verbraucht, ein Wunder dass sie überhaupt noch lebte – Halt… Sie lebte ja garnicht mehr! Sie schnappte erschrocken nach Luft, was sich anfühlte als würden ihre Lungen umsonst gefüllt werden. Wahrscheinlich war der Sauerstoff wirklich schon verbraucht. Sie seufzte und sah an sich herunter. Sie hatte immernoch das weiße Shirt an, das jetzt aber mit feuchter Erde verschmiert war und unterhalb des Halses einen großen Blutfleck hatte. Blut. Sofort spürte sie den Hunger danach. Sie fasste sich an den Hals. Hätte sie noch Blut in den Adern hätte die Bisswunde gepocht. Doch Fenja fühlte nur, das ihre Haut dort aufgerissen war und dort lauter getrocknetes Blut klebte. Sie sah an die erdige Decke. Sie musste nach oben! Sie kniete sich hin, da sie die ganze Zeit auf dem Rücken gelegen hatte und man in dem niedrigen Hohlraum nicht aufrecht stehen konnte – nichtmal gebeugt. Sie streckte ihre Finger nach oben. Ihre Hände waren blass aber sahen ansonsten normal aus. Sie wusste nicht, wieso sie das erleichterte und fing einfach an, sie nach oben zu graben. Erde rieselte ihr entgegen, verfing sich in ihren weißblonden, gewellten Haaren und störte sie ständig beim Graben. Aber sie kam voran. Sie spürte, dass sie bald durch die Oberfläche stieß, denn die Erde gab ihren Händen immer leichter nach. Irgendwann sah sie das erste Stück Himmel. Erleichtert grub sie sich ein Loch und kroch hindurch. Erschöpft aber zufrieden ließ sie sich auf das kühle Gras um sie herum fallen. Nach einigen Minuten richtete sie sich auf. Hatte Jack nicht gesagt, eine gewisse Lilith hatte gewollt, dass sie zum Vampir wurde? Und jetzt war niemand hier, der sie empfing. Sie gab einen missgelaunten Ton von sich und sah sich um. Sofort fiel ihr auf, wie gut sie nun in der Dunkelheit sehen konnte. Circa zwanzig Meter von ihr entfernt lehnte eine Gestalt mit angewinkelten Beinen an einen Baum, als döste sie. Aber wer döste schon auf einem Friedhof..? Als sie näher kam erkannte sie ihn. Es war natürlich Jack. Er schien sie noch nicht bemerkt zu haben. „Also das finde ich kläglich…“, bemerkte sie als sie bei ihm angekommen war. Sofort öffnete er die Augen und sah sie einschätzend an. „Was hast du erwartet!? Lilith persönlich und ihr ganzes Gefolge?“ Sofort wurde Fenja etwas rot. „Wenn ich ehrlich bin – ja. Immerhin hast du gesagt, dass Lilith es wollte, dass ich…“ „Zum Vampir werde? Ja, das wollte sie bei jedem aus ihrem Clan. Sie will keine unbedachten Mitglieder.“ Sein Blick wurde finster, als erinnere ihn das an etwas – nicht so Schönes… Fenja musterte ihn stumm. Nach einer Weile fragte sie: „Wie lange … war ich denn weggetreten?“ Jack sah sie wieder an, der finstere Ausdruck war verschwunden. „Ich schätze, so fünf Stunden“, erwiderte er leichtfertig, seufzte kurz und stand auf. „Wir sollten los um das Lager vor Sonnenaufgang zu erreichen…“ Fenja verzog das Gesicht. Sie hatte gehofft, sie konnte als Vampir doch in die Sonne – aber anscheinend würde sie die Sonne nie wieder sehen… Sie senkte traurig den Kopf. „Wo liegt es denn?“ Jack grinste. „Als ob ich dir das verraten würde“, antwortete er amüsiert und lief auf den Ausgang des Friedhofs zu. Fenja folgte ihm wortlos, was anderes konnte sie garnicht. Sie traten aus dem schmiedeeisernen Tor und Jack lief auf die andere Straßenseite zu. Dort stand ein Motorrad. Er schwang sich auf den Sitz und startete den Motor. Fenja blieb vor dem Motorrad stehen und musterte es misstrauisch. „Also das Motorrad beißt dich nicht“, versicherte ihr Jack mit einer lachhaften Ernsthaftigkeit. Sie sah ihn schief an und setzte sich hinter ihm drauf. „Es ist nur…“, doch sie unterbrach sich selbst. Das musste dieser selbstgefällige Kerl garnicht wissen. Er ließ sich nicht beirren und fuhr los.

Als ich später aufwachte erinnerte ich mich als letztes daran, wie ich auf dem Motorrad eingeschlafen war. Inzwischen lag ich auf einem Bett in einer Holzhütte. Als ich mich umsah erkannte ich eine Gestalt im Raum. Ein hageres Mädchen in meinem Alter. Sie bemerkte, dass ich wach war. "Morgen", murmelte sie grinsend. "Du sollst dich gleich anziehen und zu Hazeida kommen." Ich sah sie fragend an. Sie lachte hell und erklärte: "Die Klamotten liegen neben dir und Hazeida ist die Stellvertreterin von Lilith." Grinsend verließ sie die Hütte. Fenja stand auf und zog sich ihre zerknitterten Sachen aus. Auf einem Stapel sorgfältig zusammengefaltet lagen Unterwäsche, Socken, schwarze Jeans, weißes T-Shirt, ein dunkelblauer Umhang und ein Paar dunkler Schuhe. Sie fing an, sich anzuziehen als plötzlich Jack hereinplatzte. Reflexartig schrie Fenja auf und hielt sich den Umhang hin, da sie noch in Unterwäsche dastand. "Du Spanner! Dreh dich gefälligst um!", schrie sie wütend. Und obwohl er frech grinste schien er leicht verlegen zu sein als ee sich wegdrehte. Schnell zog sich Fenja alles über. "Okay. Was ist?" Jack drehte sich wieder um, musterte mich erstmal mit neutralem Blick und sagte: "Hazeida wartet. Komm schon." Er trug heute ausschließlich dunkelblaue und schwarze Kleidung. Der einzige hellere Stich war das rote Kopftuch, dass er sich achtlos um den Kopf gebunden hatte um seine dunklen, verwuschelten Haare zu bändigen. Er lief im Laufschritt aus der Hütte und auf eine andere, größere zu. Vor der Tür blieb er nochmal stehen. "Verärgere sie nicht, okay? Und falls doch, sei froh dass es nur Hazeida ist und nicht Lilith." Sie verdrehte die Augen. War bestimmt beides gleich schlimm. Sie traten ein. Drinnen empfing sie bittere Kälte, die Fenja zwar spürte aber nicht als unangenehm empfand. Es gab keine Fenster, dafür viele Kerzen. Auf einem Stuhl der fast einem Thron glich - nur aus Holz - saß eine Gestalt, gerade mal über zwanzig, mit bleichen Haaren, blasser Haut und roten Augen. Sie stellte sic einfach davor. Ausdruckslos musterte Hazeida sie. "Interessant. Wie alt bist du?" Fenja sah sie stumm an. "Wie alt bist du?", parierte sie mit einer Gegenfrage. Hazeida zog leicht die Augenbraue hoch. Ob genervt oder amüsiert erkannte man nicht. "Älter als du. Viel älter. Jack wird dir in den nächsten Tagen das Leben hier zeigen." Hazeida bedachte Jack mit einem scharfen und gleichzeitig sanften Blick. Er schien sich erst zu sträuben doch dann sah er Fenja fragend an. Sie nickte. "Gut soweit. Jack kann dir gleich zeigen wie man sich als Vampir verhält und was es zu beachten gibt." Damit entließ sie die beiden und sie traten hinaus in die Morgensonne. "Verbrennt man denn bei Tageslicht nicht?", fragte Fenja halb überrascht, halb entgeistert. Jack grinste. "Ne, du kannst nur leichter Sonnenbrand haben." Er lief aus dem Dorf heraus, dass aus diesen Holzhütten bestand, einen Trampelpfad entlang zu einem Bach im Wald. Dort lief er durch das Wasser ohne nass zu werden. "Weder Luft, noch Wasser, noch Feuer kann Vampiren etwas anhaben", erklärte er und setzte sich auf einen glatten Stein am Ufer. Fenja lief hinterher und auch sie wurde nicht nass. Schmunzelnd setzte sie sich neben in. "Trinkt ihr wirklich Blut?", fragte sie sofort. "Nee, das müssen wir nur zum Erschaffen von neuen Vampiren... Eklig schmeckt's sowieso." Sie atmete erleichtert aus. "Wir sind wie Menschen doch in unseren Adern fließt kein Blut sondern die Schwärze der Nacht" Er sah abwesend auf den Bach. Fenja musterte ihn unauffällig von der Seite. In der Dunkelheit hatte sie ihn nie richtig gesehen. Jetzt erkannte man jedes Detail, auch die helle Narbe am Wangenknochen. Er seufzte demonstrativ. "Hör auf, mich anzustarren", warnte er mit belegter Stimme. "Ich darf das auch nicht" Sie sah ihn verständnislos an. "Wieso nicht?" Jetzt sah er ihr in die Augen. Wehleidig aber beherrscht. In einem Vampirclan ist alles festgelegt. Auch die Beziehungen. Meine Eltern haben sich schon für Hazeida entschieden." Er sah wieder weg, stand auf und lief den Weg zurück. Kurz blieb Fenja sitzen. Eigentlich durfte das keine Reaktion in ihr auslösen - aber sie spürte plötzlich eine kalte Mauer in ihr. Sie stand auf und rannte Jack hinterher, um nicht allein bleiben zu müssen.

Der Tag war mehr oder weniger zu Ende. Das Mädchen von heute morgen, Viora hieß sie, hatte Fenja das kleine Dorf und deren Bewohner gezeigt. Jack hatte sich ferngehalten. Jetzt ging langsam die Sonne unter und warf orange-gelbe Lichtspiele auf den sandigen Boden des Dorfes. Hazeida hatte veranlasst, dass Jack Fenja jeden Abend in der Kampfkunst der Vampire unterrichten sollte. Sie hatte ihren Umhang abgelegt und eine Art Lederrüstung in schwarz-braun über das T-Shirt angezogen. Die Jeans hatte sie gegen lederne, bewegliche Hosen getauscht. Viora brachte Fenja zum Trainingsplatz. Ein umzäunter Sandplatz am Rand des Dorfes, wo Jack schon wartete - in ungefähr der gleichen Montur wie sie. Er schwang elegant ein langes, dünnes Schwert als er sie plötzlich bemerkte und sich umdrehte. Viora ließ Fenja allein. An diesem Abend verlief das Training sehr schweigsam und konzentriert. Fenja staunte über die Eleganz und Schnelligkeit der Vampire, bekam es aber selbst nicht ganz so hin. Als sie bei einer schwungvollen Drehung aus dem Gleichgewicht kam und fiel, musste Jack deutlich ein Schmunzeln unterdrücken. Das hielt Fenja für ein gutes Omen. Und dann war die Sonne weg. Jack brachte sie zurück - wieder schweigend - und verschwand dann. Fenj schlief schnell ein und träumte zugegeben von Jack


 
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