"Oh doch. Da gehen wir jetzt hin.", sagte ich, zog den Kleinen wieder auf die Beine und war schon auf dem Weg zur Kolonie. "Aber nicht um ihn da abzusetzen.", sagte ich mit gefaehrlichem Unterton. Der Drec'ksack von Vater konnte sich jetzt erst Mal ordentlich was von mir anhoeren. Und wenn es dazu kommen wuerde, wuerde ich ihm sogar eine ballern. Zwar konnte sich das Boese auf mich auswirken, aber mich interessierts nicht. Denn ich schaeumte innerlich vor Wut. Ich zog den Jungen mit mir und hatte auch nicht vor ihn loszulassen.

Als Ava ihn einfach mitschleppte dankte ich ihr innerlich herzlich. Wahrscheinlich hatten uns schon ein paar Virals bemerkt. Aber zumindest konnten wir jetzt gehen. "Ava, lass uns erstmal zu dir nach Hause gehen... Da können wir was für seine blauen Flecken tun. Und bitte knall den Vater nicht ab, bevor ich ihm ein Messer zwischen die Rippen gerammt habe" Meinen Augen funkelten wütend. Ich konnte mich an meinen Vater nicht erinnern, aber so wie der Kleine aussah musste es bei ihm richtig übel sein. Und solche Menschen hasste ich.

Ich zerrte an meinem Handgelenk und sah zu Alex ''Ich will auf deinen Rücken'' Sagte ich und sah ihn an.

Ich sah den Jungen mit überraschter Miene an. Okay, ich war nicht so der väterliche Typ. Und vielleicht schmiss er meinen Hut runter oder verknotete meine Haare - ja, irgendwie hatte ich was gegen kleine Kinder. Ich konnte sie nur solange leiden solang sie mir nicht auf die Pelle rückten. Ich seufzte. "Bist du dir sicher?"

''Würde ich sonst fragen? Dumme frage erhält dumme antwort.'' Sagte ich und sah ihn mit einem Ernsten Blick an.

Ich lies den Kleinen los und zog an seinem Ohr. "BITTE.", sagte ich klar und deutlich und sah ihn boese an. "Großer Mann traegst du mich auf deinen Ruecken bitte!", korrigierte ich und lies ihn dann los. Kurz orientierte ich mich und verschraenkte dann meine Arme. "Wiederhol es.", kommandierte ich mit einem ernsten Blick zu dem Kleinen.

"Wohl eher eine Gegenfrage", erwiderte ich, um noch Zeit zu schinden. Ich sah den Kleinen abwägend an. "Na, gut. Aber lass die Finger von meinem Hut, meinen Haaren und aus meinem Gesicht, okay?" Ich legte skeptisch den Kopf schief.

''Ohh du hast mich losgelassen:'' Sagte ich mit großen Augen und rannte schnell wieder weg,wenn ich mich nicht irrte war ich schneller wie die beiden aber trotzdem gab ich gas.

"Oh mann, der glaubt uns immer noch nicht" Ich rannte sofort hinterher. Meine Beine waren länger als die des Jungen und ich hatte mehr Ausdauer, aber der war schon verdammt schnell für seine Größe. Mal sehen, wie lang er durchhielt, so schnell zu laufen. Ich blieb ihm auf den Fersen.

Ich seufzte frustriert und setzte mich auf einen liegenden Stamm. Depremiert grub ich mein Gesicht in meine Handflaechen und unterdrueckte ein Schluchzen. Was konnte ich ueberhaupt richtig machen? Ich wuerde den Kleinen eh nicht beschuetzen koennen. Genauso wie ich meinen kleinen Bruder nicht schuetzen konnte. Und Alex war ich auch nur eine Klette...

Ich lief weiter das musste ich doch lange genug aushalten wenn ich vor meinem Vater wegrannte,ich rannte weiter bog irgendwann mal ab.

Irgendwann gab ich auf. Ich wollte Ava nicht verlieren. Ich machte mich auf den Weg zurück und sah, wie sie zusammengesunken auf dem Baumstamm saß. Das war gar nicht gut. Verdammt, wenn der Kleine wissen würde was er angerichtet hatte. Ich lief zu Ava und setzte mich neben sie. "Hey, Ava" Ich sah vor mich auf den Waldboden. Keine Ahnung was ich ihr sagen sollte. Ich hatte noch nie jemanden trösten müssen. Oder aufmuntern. Oder überhaupt danach fragen was los war. Ich schüttelte den Kopf. Mir fiel nichts ein. Ich machte mir selbst Vorwürfe dass ich das nie gelernt hatte. Ich hatte seit meinem Blackout nie die Gelegenheit dazu bekommen. Ach mist. Zwickmühle. Ich wartete einfach. Vielleicht half es ja, dass ich überhaupt hier war. Zumindest würde es helfen falls Virals angekrochen kamen.

Ich spitzte meine Ohren und musste innerlich lachen, als er verstummte. Deswegen lehnte ich mich an ihn und legte meinen Kopf azf seine Schulter. "Sorry, das ich nicht einfach bin.", murmelte ich leise und sah auf seine Haende. Am liebsten haett ich mich in seine Arme gekuschelt oder einer seiner Haende genommen, aber ich war mir sicher das Alex nicht so zufrieden damit sein wuerde...

Ich verkniff mir ein erleichtertes Ausatmen als sie nicht einfach wortlos ging sondern sich an mich lehnte. "Das liegt nicht an dir...", erwiderte ich und wollte erklären, dass ich nie in so einer Situation gewesen war - bis jetzt. Aber ich brachte die Worte nicht über die Lippen. Klang irgendwie verrückt. Kurz zögerte ich, dann legte ich einen Arm um ihre Schultern. Ja, in Gefühlen war ich einfach eine Niete, immerhin hatte ich sie bis jetzt vermieden. Im Moment dachte ich nichtmal daran, dass hier irgendwelche Virals in der Nähe sein könnten.

"An wenn dann?", fragte ich sanft und sah ihn an. Ich fuehlte mich wohl so, wie wir saßen und kuschelte mich leicht bei ihm ein. Ich musste schwach laecheln. Alex schien kein Mann der großen Worte zu sein, er war mehr der Macher, als der Denker. Oder vielleicht musste ich ihn erst mal besser kennen lernen und ihm mehr Zeit lassen.

"An mir. Du weißt noch nichts von meinem Blackout, oder? Dass ich mich an nichts erinnere, was mehr als fünf Jahre zurückliegt?" Ich sah sie fragend an. Sicher hatte ich es ihr noch nicht erklärt. Zumindest nicht ausführlich. "In den letzten fünf Jahren bin ich nie in eine Situation wie diese gekommen... Weil ich Gefühle immer vermieden habe. Das weißt du ja schon - wegen dem Schmerz, wenn man etwas verliert..." Im Moment sprudelten die Worte aus mir heraus. Ich hatte noch keinem Menschen von meinem Blackout erzählt. Wem denn auch? Ich sah stumm wieder auf den Boden vor mir.

Ich nahm seine Hand und sah ihm in die Augen. Mit einem Blackout haette ich jetzt nicht gerechnet. Aber das erklaerte schon Mal wieso er nicht genau sagen konnte wie alt er war. Sanft streichelte ich mit meinem Daumen seinen Handruecken und laechelte schwach. "Aber du erinnerst dich daran, dass es schmerzvoll ist jemanden zu verlieren.", hauchte ich und ueberlegte kurz. "Und wie siehts jetzt aus? Mit dem Gefuehle vermeiden?", fragte ich vorsichtig und sah auf unsere verschraenkten Haende.

Ich sah ihr ebenfalls in die Augen. Das Gefühl ihrer Finger auf meiner Hand erzeugte ein Kribbeln. Angenehm war es, aber fremd. Als hätte ich sowas noch nie zuvor gespürt. Ich musste lächeln. "So wie ich das sehe hab ich es diesmal nicht ganz geschafft", beantwortete ich ihre Frage. Ja, das war mir schon aufgefallen. Irgendwie ein angenehmes Gefühl, jemanden zu haben dem man vertraute. Und trotzdem war da die Angst. Eiskalte Angst davor, diesen jemand zu verlieren, Angst vor dem Schmerz, den der Verlust brachte. Meine Augen bekamen einen warmen Ausdruck, doch die Angst zu verstecken gelang mir nicht vollständig.

Sanft laechelte ich ihn an und spuerte, wie mir warm wurde. Dann musste ich grinsen. "Wer kann Maedchen schon widerstehen?", fluesterte ich mit einem leicht verfuehrerischen Blick. Irgendwann seufzte ich und wurde wieder ernst. "Ich hoffe der Kleine wird getoetet und nicht infiziert.", sagte ich ernst. Es hoerte sich gemein an, aber ich wollte keinen jungen Viral sehen. Zudem ist das doch unmoeglich. Ich lies seine Hand los und schlang meine Arme um meinen eigenen Koerper.

"Hm, bis jetzt hab ich's ja geschafft... Irgendwas besonderes musst du schon haben", meinte ich ebenfalls grinsend. Als mich ihr Sinneswandel in die Realität zurückholte sah ich mich sofort um, für den Fall ein unvorsichtiger Viral schlich sich an. "Ja, und falls er getötet wird hoffentlich kurz und schmerzlos" Ich schüttelte den Kopf um den Gedanken an den Kleinen loszuwerden. Er hatte nicht mit uns mitgewollt. Ich sah Ava fragend an als sie ihre Arme um ihren Körper schlang. Dann stand ich kurzerhand auf. "Wir sollten weiter. Wenn man sich zu lang an einem Ort aufhält zieht man Virals an."